Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

LIECHTENSTEINER ÄRZTE DES 19. JAHRHUNDERTS RUDOLF RHEINBERGER Im März und April 1862 fanden Besprechungen zwischen v. Hausen und Kessler332 einerseits und dem Subkomitee mit Wolfinger, Schädler und Wan- ger andererseits statt. Dabei wurden die Ergebnisse der Wiener Konferenzen vom Januar besprochen. Gegenüber den alten Forderungen v. Lindes brachte das Subkomitee seine Bedenken vor und lehnte sie teilweise ab. Man war aber in Vaduz, sowohl auf Regierungsseite als auch auf der Seite der Landstän- de, kompromissbereit. Der Fürst hatte sich in dieser Phase der Unterhandlungen nicht mehr einge- mischt. Nur von Linde bäumte sich noch einmal dagegen auf, der Volksvertretung und damit dem Volk so viele Rechte zuzugestehen. Da fuhr von Hausen selber nach Frankfurt zu v. Linde und erreichte eine Verständigung mit ihm, wie er auch mit dem ständischen Ausschuss und dem Subkomi- tee Übereinstimmung erzielte. Im Landtag vom 4. September 1862 nahmen die Landstände die Verfassuang einstimmig an.333 Fürst Johann II. unterzeichnete das Verfassungsdokument am 26. September 1862 auf Schloss Eisgrub. ÄRZTLICHE PIONIERLEISTUNG, PERSÖNLICHE NEIGUNGEN Für alle Beteiligten, besonders aber für Karl Schäd- ler, dem der Kampf um eine freiheitliche Verfas- sung seit der Revolution von 1848 zu einem Lebens- ziel geworden war, war dieser Kampf nun beendet. Schädler war «seit dem Beiseitetreten Peter Kaisers der unbestritten führende Politiker des Landes».334 Er hatte Kaisers Ideen in die praktische Politik umgesetzt. Die von mir gewählte, gedrängte Darstellung der politischen Tätigkeit Karl Schädlers im Rahmen der geschichtlichen Abläufe, könnte den Eindruck er- wecken, als ob sein ganzes Leben seit 1848 von der Politik absorbiert worden wäre, und er sich nur noch am Rande seinem ärztlichen Beruf und der Familie hätte widmen können. Dabei muss man sich aber vor Augen halten, dass sich diese Tätig- keit über einen Zeitraum von Jahren erstreckte und die kurzen Perioden konzentrierter politischer Akti-vität 
jeweils von längeren Intervallen eines norma- len bürgerlichen Lebens gefolgt waren. Die Praxis- journale335 aus der Zeit zwischen 1840 und 1856 geben darüber Aufschluss, dass die ärztliche Praxis Schädlers - abgesehen von einigen hektischen Monaten der Jahre 1848 und 1849 - immer in einem normalen Rahmen weiterlief. Es blieb ihm dabei auch noch Zeit für persönliche Interessen und vor allem für die berufliche Weiterbildung. Dass er sich auf dem Stand der neuesten ärztlichen Er- kenntnisse hielt und diese auch in die Praxis umzusetzen wusste, zeigen die folgenden Beispiele: Dr. Grass hatte in seinem Brief vom 1. Februar 18 4 9336 an Karl Schädler in Frankfurt auch von einem Patienten Schädlers in Balzers berichtet, der einen offenen Beinbruch erlitten hatte und dessen Behandlung ihm wegen einer Infektion mit starker Eiterung zu schaffen machte. Nach seiner Rückkehr aus Frankfurt behandelte Schädler diesen Patienten weiter. Das Bein war aber infolge der eingetretenen Knochenmarksentzündung nicht mehr zu retten und Schädler musste es amputieren. Die Amputa- 321) Geiger, S. 265, Anm. 65, LLA RD 1862/XV/15. 322) Geiger, S. 266. 323) Siehe auch oben S. 56. 324) Geiger, S. 266, Anm. 71, FamARh F 13 325) Geiger, S. 267. 326) Geiger, S. 267/268. 327) Geiger, S. 269/270. 328) Geiger, S. 270, Anm. 87. 329) Geiger (S. 270) vermutet, dass es sich um einen Bekannten Karl Schädlers aus der Frankfurter Zeit handelte. 330) Geiger, ebda. 331) Begleitschreiben von Hausens vom 29. Dezember 1861. Geiger, S. 273, Anm. 95. 332) Markus Kessler 1823-1880. Regierungsadjunkt, später Land- richter. Siehe auch Paul Vogt, Verwaltungsstruktur, S. 131 333) LLA RD 1862/XV/15. 334) Geiger, S. 307. 335) Praxisjournal I (1840-1845), FamARh Sch. Praxisjournal II (1846-1856), Gemeindearchiv Vaduz. 336) LLA Schädler-Akten 311, siehe auch unten S. 88. 69
	        

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