Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

LIECHTENSTEINER ÄRZTE DES 19. JAHRHUNDERTS RUDOLF RHEINBERGER Diese vertiefte Bildung kam ihm nicht nur im eigentlichen Medizinstudium und im Beruf zustat- ten, sie war ihm auch in der späteren politischen Tätigkeit eine wertvolle, geradezu unerlässliche Grundlage. Im Jahre 1824 nahm er das eigentliche Medizinstu- dium auf. Der Studienverlauf lässt sich den Studien- katalogen und den «Nationalien» der Medizini- schen Fakultät der Universität Wien168 sowie dem schon erwähnten Curriculum vitae von 1829169 entnehmen.170 Karl Schädler war ein sehr fleissiger und zielstrebiger Student und machte in seinem Studium entsprechend vorzügliche Fortschritte. Dies kommt auch in seinen Noten zum Ausdruck. Während der ganzen 12 Semester, die er in Wien verbrachte, hatte er meistens die Note «erste Klasse mit Auszeichnung», nie aber schlechter als «erste Klasse». Das hatte für ihn auch eine praktische Bedeutung, denn Studenten, deren Zeugnisse im Durchschnitt mindestens die Qualifikation «erste Klasse» hatten, wurden von der Pflicht, Militär- dienst zu leisten, befreit. Allerdings war das liech- tensteinische Militärkontingent zu jener Zeit nur theoretisch organisiert.171 Angesichts der bekannten späteren politischen Laufbahn möchte man gerne wissen, ob Karl Schädler sich während seiner sechsjährigen Studi- enzeit in Wien nicht auch politisch engagiert hat. Es ist uns darüber nichts überliefert und wenn es der Fall gewesen wäre, so wäre es höchstens im Geheimen möglich gewesen. Man erinnere sich an die «Karlsbader Beschlüsse» vom Jahre 1819, durch welche jegliche politische und geistige Frei- heit unterdrückt und die Universitäten in Österreich unter Polizeiaufsicht gestellt wurden.172 Damit hatte Fürst Metternich auch dafür gesorgt, dass sich in den Universitätsstädten Österreichs kaum ein studentisches Eigenleben entwickeln konnte - im Unterschied zu anderen Gliedstaaten des Deut- schen Bundes, wo, wenn auch im Verborgenen, schon eine Reihe von Studentenverbindungen be- stand.173 Das einzige bekannte Beispiel einer stu- dentischen Vereinigung in Wien in jener Zeit stellt der «Wiener Commersverein von 1820» dar, der nach Aufdeckung durch die Polizei zerschlagen 
wurde. (Unter den betroffenen Personen hatte sich auch Franz Schubert befunden).174 Karl Schädler beendete sein Studium in Wien mit dem Wintersemester 1828/29 und kehrte im Janu- ar 1829 nach Vaduz zurück. Hier machte er nun ein fast einjähriges Praktikum in der Praxis seines Vaters, den er zeitweise voll vertrat - «während meines längeren Kränkeins und die durch eine Brunnenkur veranlasste Abwesenheit», wie der Vater Gebhard Schädler in einem Zeugnis175 schreibt. Karl «subsistierte» den Vater «in allen einschlägigen Verrichtungen, sowohl in Behand- lung von den mannigfaltigen inneren Krankheiten als auch bei Verrichtung verschiedener grösserer und kleinerer Operationen, namentlich einer Am- putation, mehreren Ausrottungen carcinomatöser 166) Siehe auch Robert Allgäuer, Peter Kaiser, JbL 63, S. 18. 167) Prof. A. Stein lehrte Griechische Literatur, Prof. Martin Wikosch Geschichte. Siehe auch unten S. 79. 168) Archiv der Universität Wien. 169) Archiv der Universität Erlangen. 170) Er hörte Anatomie bei Prof. Michael Mayer, Botanik bei Prof. J. F. von Jaquin, Mineralogie und Zoologie bei Prof. V. Scherer, Physiologie bei Prof. Julius Czermak, Chemie bei Prof. J. F. von Jaquin, Pathologie und Therapie sowie Pharmakologie bei Prof. P. Carl Hartmann, theoretische Geburtshilfe bei Prof. J. Ph. Horn, theoretische Chirurgie bei Prof. von Loeweneck, Pathologie und spez. Therapie sowie klinische Praxis bei Prof. Johann von Raimann, Chirurgische Nosologie und klinische Praxis bei Prof. Jos. von Wattmann, Ophtalmologie bei Prof. Rosas und «Seuchenlehre und Veterinär-Polizei» bei Prof. Hayne. 171) Geiger, S. 31, Anm. 101. Die Dienstpflichtigen waren wohl benannt, wurden aber nicht ausgehoben. 172) Die Beschlüsse des Karlsbader Ministerkongresses umfassten auch die Zensur für Bücher und Zeitungen, ein Verbot der Turner- schaft sowie der «deutschen Burschenschaft». 173) Die beiden ältesten Corps Deutschlands wurden in den Jahren 1793 bzw. 1803 in Erlangen gegründet. (H. 0. Klunecke, Die Studentschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Erlangen, Hrsgb. A. Wendenhorst, München 1984. 174) Hans Berner und Dr. Erich Neusser, Einst und Jetzt, Der Wiener Commersverein von 1820, 13/1968. 175) Zeugnis vom 26. November 1829. Archiv der Universität Erlan- gen. 47
	        

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