Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

(ßranttiinfrifd)c §tfä)\ä)lm. baä geBtmbene Somplar 5« 50 Sappen. ©ftur. 1853. Seit 1835 in Graubünden tätig, verfasste der Katholik Peter Kaiser im Auftrag der Erziehungsbehörden des Kantons ein Geschichts- lehrmittel «für die refor- mirten Volksschulen», ein Hinweis darauf, welches Ansehen und welchen Ruf Kaiser in Graubünden ge- noss. 
KAISER ALS KRITISCHER WEGBEREITER ALTRÄTISCHER GESCHICHTSRETRACHTUNG Im Jahre 1838 veröffentlichte Kaiser im Programm der katholischen Kantonsschule Disentis eine erste historische Arbeit. Sie trug den Titel «Über den Stamm und die Herkunft der alten Rhätier».3 Als Mann, der eine innige Liebe zu Volk und Land Churrätiens besass, zu den Bewohnern der Ge- birgswelt am Rhein und Inn, an der Adda und Etsch, faszinierte ihn die Frage nach der Herkunft der Ureinwohner. Es war die alte Fragestellung der Gelehrten, zu welchem Stamme die Räter gehört und welche Sprache sie geredet hätten. Die Huma- nisten und nachfolgenden Chronisten hatten hierin allerlei Spekulationen, Thesen und Theorien vertre- ten, die mit exakter Geschichtsforschung wenig zu tun hatten. Nun ist es bemerkenswert, mit welcher kritischen Grundeinstellung Kaiser an die Betrach- tung dieser Dinge heranging. Er erkannte richtig, dass durch «die herrschende Sitte der Gelehrten, nicht nur ihre angebornen Namen in das Gewand ihrer Lieblingssprachen umzukleiden, sondern auch den Stammbaum hervorragender Familien und Völker von den Griechen und Römern herabzu- führen», viel Verwirrung in die Geschichte kam, von der auch die rätische nicht frei blieb.4 Überall wurden flüchtige Helden mit ihren Begleitern zu Gründern neuer Völker gemacht. So erhielt der Lukmanier seinen Namen von einem etruskischen Lukumo; auch umgekehrt sollen römische Bezeich- nungen ihre Namen von rätischen erhalten haben, wie z.B. der alte Name des Tibers, Albula, vom bündnerischen Fluss Albula. - So wie Kaiser solche Konstruktionen ablehnte, distanzierte er sich auch von der von Livius vertretenen und alsdann hart- näckig überlieferten und ausgeschmückten These, wonach die Etrusker, der Übermacht der Gallier weichend, unter ihrem Anführer Rätus sich ins nördliche Gebirge zurückgezogen und dann den Ursprung des rätischen Volkes gebildet hätten. Als Zufluchtsstätten geflohener Etrusker lässt er höch- stens einige Täler südlich der Alpen an Adda und Etsch gelten. Damit vertrat Kaiser eine höchst moderne Auffassung. Er war beinahe auf den 140
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.