Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1990) (88)

Äusserungen der Presse entnehmen konnten, stand er auch in den Nachbarstaaten wegen seines konzi- lianten Wesens in hohem Ansehen.»'1 In diesem Nachruf wird, wie es sich für einen sol- chen Anlass geziemt, ein fast durchwegs positives Bild dieses Mannes gezeichnet. Carl von In der Maur war aber auch die Symbolfigur des «In der Mauris- mus», womit ein Regierungssystem gemeint war, das ausserhalb der Kontrolle des Landtags und des Volkes stand. Die Landesverweser waren mit weit- gehenden Kompetenzen ausgestattet und wurden vom Fürsten ohne Mitwirkung des Landtags einge- setzt und abberufen. Sie waren ihm allein verant- wortlich. Die Landräte, die gemäss Verfassung zu- sammen mit dem Landesverweser die Regierung bildeten, besassen wenig Einflussmöglichkeiten. Carl von In der Maurs Anschauungen waren denn auch - wie es Landtagspräsident Dr. Albert Schädler in einem Nachruf zurückhaltend formulierte - «au- tokratisch angehaucht»7. Die Volkspartei war weni- ger zurückhaltend: Sie sah in ihm den Mann, der sich das Recht herausnahm, alles zu verbieten, was durch das Gesetz nicht ausdrücklich erlaubt wurde. Bei verschiedenen Gelegenheiten widersetzte sich der Landesverweser erfolgreich dem Landtag: Bei der Justizreform 1906/07 wollte er auf die Einfüh- rung der Staatsanwaltschaft verzichten und der Re- gierung ein Berufungsrecht zugestehen. Die Reform wurde mehrere Jahre verzögert, bis ein Kompro- miss gefunden werden konnte. In bezug auf die Presse übte er eine «Präventivzensur» aus, die «die politische Volksbildung beeinträchtigte»*. Die For- derung des Landtags nach einem Pressegesetz, das vom Grundsatz der Pressefreiheit ausging, behan- delte er dilatorisch, so dass nicht einmal Entwürfe zu einem solchen Gesetz vorgelegt wurden. Soweit einige Bemerkungen zur Persönlichkeit Carl von In der Maur. Der Rechenschaftsbericht über die Verwaltungsperiode 1884 bis 1890'' wurde im De- zember 1890 abgefasst. Er umfasst im Original 53 Seiten im Folioformat, die nicht paginiert sind. Ur- sprünglich waren 10 Beilagen vorhanden, die alle das Schulwesen betrafen, was zeigt, dass von In der Maur diesem Aufgabenbereich seine besondere Auf- merksamkeit schenkte. Diese Beilagen sind heute 
nicht mehr vorhanden. Es waren durchwegs Formu- lare und Verordnungen, die auf eine Vereinheit- lichung im Volksschulwesen hinzielten. Der Rechenschaftsbericht entstand nach einer nur sechsjährigen Amtszeit in Vaduz. Dies war Zeit ge- nug, um das Land und seine Probleme kennenzuler- nen. In der Maur war damals erst 38 Jahre alt, noch jung genug, um seine Meinung unverblümt zu for- mulieren. Der Bericht war nicht als Rechenschafts- bericht zuhanden des Landtags gedacht und damit auch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Allein die Beamten der liechtensteinischen Hofkanzlei in Wien und Fürst Johann II. erlangten von ihm Kenntnis. Carl von In der Maur fühlte sich deshalb frei, seine Meinung über die Liechtensteiner ohne Rücksicht auf deren Gefühle zu äussern. Ob für den Rechenschaftsbericht ein bestimmter An- lass vorhanden war, liess sich nicht feststellen. Im Liechtensteinischen Landesarchiv sind keine Unter- lagen dazu vorhanden. Jährliche Rechenschaftsbe- richte der Regierung zuhanden des Landtags wer- den erst seit 1922 erstellt, im 19. Jahrhundert wur- den dem Landtag lediglich die Jahresrechnungen zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt. Der Lan- desfürst liess sich in der Regel von Fall zu Fall berichten. Möglicherweise schrieb von In der Maur - stolz auf das, was er in Liechtenstein geleistet hatte - den Bericht einfach deshalb, um sich in Wien in Erinnerung zu rufen. So schreibt er in der Vorbe- merkung als Begründung für seinen Bericht: «Was ich selbst (...) seit 1884 auf dem mir von Euerer Durchlaucht angewiesenen Posten mit meinen be- scheidenen Kräften (...) geleistet habe und welche Entwicklung die Landesverwaltung seither genom- men hat, darüber soll Euerer Durchlaucht in den folgenden Blättern Rechenschaft abgelegt werden.» Der Rechenschaftsbericht erinnert in seiner Art an die Landesbeschreibungen, wie sie im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert zuhanden der Hofkanz- lei erstellt wurden.1" In der Maur ging zwar nicht so weit, wie Landvogt Joseph Schuppler in seiner Lan- desbeschreibung von 1815, der auch die geographi- schen Verhältnisse beschrieb, im Gegensatz zu den heutigen Rechenschaftsberichten der Regierung ging er aber immer wieder über eine blosse Bericht- 42
	        

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