Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1990) (88)

DAS HAUS LIECHTENSTEIN IN DER DEUTSCHEN LITERATUR / GRAHAM MARTIN Fürstlich-liechtensteinische Bauten und Anlagen Ausser den oben behandelten Personen aus dem Fürstenhaus erlebten auch gewisse fürstliche Bau- ten und Anlagen einen gewissen Niederschlag in der schönen Literatur. Der alte Stammsitz der Liechtensteiner, Burg Liech- tenstein bei Maria Enzersdorf, nahe Mödling (süd- westlich von Wien), welche im Mittelalter von den Ahnherren der Nikolsburger Linie erbaut wurde, dann am Anfang des 19. Jahrhunderts von Fürst Johann I. in liechtensteinischen Besitz zurückge- bracht wurde, figuriert in gewissen romantischen Darstellungen des Hauses Liechtenstein. Karoline Pichler spielt in ihrem Roman Friedrich der Streit- bare (vgl. die Abschnitte «Das Geschlecht Liechten- stein» sowie «Heinrich I.» oben) darauf an. Nach- dem von der Macht und den Besitzungen der Liech- tensteiner die Rede gewesen ist, heisst es: Ihr Hauptsitz, von dem sie stammen, liegt ganz nahe hier auf der Bergreihe. - Und beherrscht weit hin die Ebene, unterbrach Erpo seinen Freund. (2. Tl., S. 20) Auch im vielzitierten Gedicht «Romanzen vom unbe- kannten Ritter» von Josef Christian von Zedlitz (siehe Abschnitt «Das Geschlecht Liechtenstein» oben) wird die hervorragende Stellung der Burg angedeutet: Zu Ostreich unterm Walde, sieht in die weiten Gau 'n, Man von der Berge Spitzen, viel alte Burgen schau 'n; Doch eine steht die höchste [...] Schauplatz einiger Szenen in Conny Hannes Meyers Stück Angelo Soliman (siehe unter «Fürst Josef Wenzel» usw. oben) ist die Wiener Residenz des jeweiligen Fürsten von Liechtenstein, aber das ge- naue Haus (z.B. Palais in der Bankgasse, Palais in der Herrengasse, Gartenpalais in der Rossau) wird in den meisten Fällen nicht präzisiert. Zum Beispiel die hochdramatische 11. Szene (siehe oben unter «Fürst Josef Wenzel» und «Fürst Alois L»), in der Fürst Josef Wenzel mit Kaiser Josefund mit seinem Grossneffen Prinz Alois Josef verkehrt und dann Angelo in einem Wutausbruch entlässt, spielt laut Bühnenanweisung in einem kleinen Salon im «Pa-lais 
des Fürsten Liechtenstein», während Szene 5 im «Liechtensteinschen Ausstattungsatelier» stattfin- det. Der einzige genau festgelegte Standort in die- sem Zusammenhang ist Szene 14: «Solimans Woh- nung im fürstlichen Liechtensteinschen Haus in der Herrengasse 130»"s (S. 76). Es handelt sich aber eben um eine schlichte Dienstwohnung, welche für den Stil des Palais kaum repräsentativ ist. Das Hauptpalais in der Bankgasse wird in dichte- risch anmutenden Worten vom Architekten Adolf Loos1'" in seinem Band Trotzdem (1931) beschrie- ben: Der schönste palast: palais Liechtenstein in der bankgasse. Er ist so ganz unwienerisch, hat nichts von dem kleinlichen wiener barockstil. In dieser verzwickten kleinlichkeit mögen andere Vorzüge er- blicken. Hier tönt uns die machtvolle spräche Roms entgegen, unverfälscht, ohne die schnarrenden ne- bengeräusche eines deutschen grammophons. Geht vom minoritenplatz durch die Abraham a Santa Claragasse zu diesem gebäude und hebt vor dem portal den köpf'4" Das Gartenpalais in der Rossau figuriert im 1951 erschienenen Roman von Heimito von Doderer Die Strudlhofstiege.'41 Dieses umfangreiche Werk schil- dert das bürgerliche Leben in Wien in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts und be- 138) Das Palais in der Herrengasse war jahrhundertelang eines der beiden Stadtpalais der fürstlichen Familie. 139) Adolf Loos. 1870-1933, als Architekt und Schriftsteller in Wien tätig. 140) Dieser Auszug entstammt dem Artikel «Der schönste Innen- raum. der schönste Palast...», Erstveröffentlichung im «Fremden- blatt», 7. 4. 1907. Hier zitiert aus: A. Loos, Trotzdem 1900-1930, Brenner-Verlag, Innsbruck 1931; Nachdruck hrsg. von AdolfOpel, Georg Prachner Verlag, Wien 1982. S. 62 f. Den Hinweis auf dieses Zitat verdanke ich Herrn Dr. Reinhold Baumstark. Das Palais in der Bankgasse, ursprünglich für Graf Dominik Andreas Kaunitz entwor- fen, wurde in den neunziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts nach Plänen von Domenico Martineiii unter der Bauherrschaft von Fürst Johann Adam I. von Liechtenstein vollendet. 141) Heimito von Doderer, 1896-1966, in Wien tätig. Hier benützte Ausgabe: dtv, München 1966. 127
	        

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