Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1987) (87)

Bei seinem langen Aufenthalt in Karlsbad 180874 begegnete Goethe - entgegen Urzidils Feststellungen - dem Prinzenpaar Moritz und Leo- poldine Liechtenstein nicht. Erst am 8. Juli 1810 las er Moritz seine Gedichte vor. «Die Beziehungen zu diesem großen österreichischen Haus sollten ihm auch späterhin noch wichtig sein».75 Prinz Moritz war der Sohn des Prinzen Karl Borromäus des Älteren und der Eleonore und damit der Bruder jenes Josef Wenzel, der Goethes römischer Protektor gewesen war. Er hatte eine noch glänzendere Militärkarriere gemacht und sich auf zahlreichen Schlachtfeldern der napoleonischen Kriege ausgezeichnet. Dabei war er mehrfach verwundet worden. Prinz Moritz stieg auf zum Feldmarschall-Leutnant und Ritter des Maria-Theresien-Ordens. Seine beachtliche Militärlaufbahn in den Stürmen der napoleonischen Kriege hatte ihn jedoch gesundheitlich so mitgenommen, daß er wiederholt das Bad in Karlsbad aufsuchten mußte.76 Im Sommer 1809 kam Goethe nicht nach Böhmen - es war das Jahr der österreichischen Erhebung gegen Napoleon, an der Prinz Moritz als Brigadekommandeur teilnahm. Wie sein Bruder Alois Gonzaga wurde auch er schwer verwundet. Als Moritz sich von seinen Verletzungen erholte, ergab sich im Juli 1810 ein freundschaftlich-familiärer Umgang in dem Badeort, zu dem auch Moritzens Gemahlin Leopoldine, geb. Eszterhäzy77, eine anmutige, künstlerisch veranlagte Frau, wesentlich beigetragen hatte - die Ehe der beiden soll mehr oder minder vom Bildhauer Antonio Canova gestiftet worden sein.78 Der Kontakt mit Canova war durch die künstlerische Begabung Leopoldines entstan- den. Leopoldine, von deren schönen blauen Augen Herzog Karl August schwärmte, verehrte Goethe und legte ihm auch gern ihre Zeichnungen vor. Ein begeisterter Brief nach Weimar hat sich er- halten.79 Goethe holte 1810 den Ausfall von 1809 mit einem sehr langen Auf- enthalt in Karlsbad nach - 122 Tage.80 Die Reise war überschattet von Problemen mit den Karlsbader Sprudelquellen, von denen eine 1809 explodiert war. Dadurch wurden die Gäste verunsichert über den Ausstoß an Sprudel. Aber die Sorgen wurden ausgeglichen durch die Anwesenheit der Kaiserin Maria Ludovika, die die Präsenz einer größeren Anzahl von Adeligen nach sich zog, deren Namen diesem Sommer einen mondänen Anstrich gaben: Clary, Lobkowicz, Collo- redo, Lichnowsky, Czernin, Kinsky, Auersperg, Rasumowsky, Lubo- 61
	        

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