Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1987) (87)

besten Traditionen adeligen Mäzenatentums bewegt hat. Goethe hat die bedeutsame Rolle des jungen Fürsten auch durchaus nicht verges- sen. Die Einladungen bereiteten Goethe offenbar großes Vergnügen, denn noch viele Jahre später erinnerte der Maler Tischbein gerne daran: «Erinnern Sie sich noch eines Abends, als wir beim Prinzen Liechtenstein waren, der so viele Beichtväter und Geistliche versam- melt hatte, was diese, als ihnen der Wein in die Krone gestiegen war, da alles erzählten?»46 Hrzan hatte genau und dezent, aber mit Sympathie über Goethes römische Unternehmungen berichtet, deren unpolitischen Charakter er so schnell begriffen hatte. Kaunitz und Kaiser Josef II. waren längst beruhigt - Goethe war nicht der Emissär des Fürstenbundes, der den Papst gegen den Kaiser aufwiegeln wollte. Nach Goethes Rückkehr aus Neapel, wohin er im Frühjahr 1787 gereist war, sind Hrzans Berichte nur noch sehr knapp. Schade, denn sie wären ein interessan- tes Korrektiv zu Goethes eigenen Aussagen über die römische Zeit gewesen - der alte Goethe hat später manches stilisiert. Wer aber war jener junge Fürst Liechtenstein, der Goethe mit so offenen Armen aufnahm? Darüber hat die Goethe-Forschung bereits diskutiert. Zunächst war vom Prinzen Karl (Josef Emanuel) die Rede47, dem Bruder der Gräfin Harrach, Vertrauten der Kaiser Josef II. und Leopold IL, der auf unglückliche Weise 1795 bei einem Duell mit einem Baron Weichs ums Leben kam - aber der weilte damals nicht in Rom, sondern in den Niederlanden und in England.48 Später hat man dann die Wahl auf zwei Personen eingeschränkt - man neigte, gestützt durch die lange nachwirkende Autorität Friedrich Noacks, zum Prin- zen Philipp Josef, dem Sohn des Fürsten Franz Josef L, einem intelli- genten und gebildeten Mann, Verfasser einer kurzen Selbstbiographie, der vom Oktober 1786 bis zum Mai 1787, also etwa gleichzeitig mit Goethe, in Rom weilte und seine Wohnung nahe dem Corso hatte.49 Philipp war ein Bruder zweier nachmaliger Fürsten, Alois' I. und Johanns L, und wurde 1788 Flügeladjutant Kaiser Josefs II. Der andere, der 1767 geborene Prinz Josef Wenzel50, Patenkind des gleichnamigen Fürsten, wurde als bloßer «Seminarist», der in einem Abb. 2: Johann Peter Krafft, Fürst Wenzel von Liechtenstein, Zeichnung, Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein, Schloss Vaduz. 51
	        

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