Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1985) (85)

Nobilitierungswelle, die gerade in Feldkirch sehr ausgeprägt war. Durch die Verleihung von Adelsdiplomen und Wappenbesserungen für vornehme Patrizier wurde im Absolutismus ein Dienstadel geschaffen, dem oppositionelles Denken fernlag, weil er ausschliess- lich am eigenen sozialen Aufstieg interessiert war.37 Dass mit den Siegelfarben ein Wertdenken verbunden war, scheinen auch die bürgerlichen Siegel zu belegen: Die Landammänner verwendeten bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts ausschliess- lich einfaches, ungefärbtes Wachs, dann taucht 1574 erstmals ein schwarzes Wachssiegel auf und 1632 erstmals ein grünes. Rot kam bei Landammännern nur bei Lacksiegeln, nicht aber bei Wachssiegeln vor. Vornehme Stadtbürger und landesherrliche Beamte siegelten seit 1500 schwarz, ab 1527 folgten dann auch grüne Siegel und im 17. Jahrhundert dann - vor allem bei den Landvögten - auch rote. Zusammenfassend ergibt sich aufgrund unseres Materials seit dem Spätmittelalter folgendes Bild: Die Farben waren bei den Wachssie- geln mit sozialem Prestige verbunden. Am wenigsten prestigeverbun- den war das «gewöhnliche», ungefärbte Wachs, dann folgten Schwarz, Grün und schliesslich Rot. Feste Regeln über die Verwendung der Farben gab es nicht, wenn man davon absieht, dass rotes Wachs vom Spätmittelalter bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts dem Adel und der hohen Geistlichkeit vorbehalten war. Im 16. Jahrhundert und dann vor allem im 17. Jahrhundert wurden solche Privilegien immer weniger respektiert: Landammänner, Bürger und Landvögte werteten sich selbst auf, indem sie mit Farben siegelten, die früher höheren Ständen vorbehalten waren. Es ist aber auch zu vermuten, dass das Aufkommen der (zumeist roten) Lacksiegel die Bedeutung der Rotwachsfreiheit schmälerte. Kann man das Mittelalter aufgrund der überlieferten schriftlichen Dokumente überwiegend als «Urkundenzeitaltero einstufen, so muss die Neuzeit als «Aktenzeitalter» gelten. Seit dem 16. Jahrhundert nahm die Menge der Akten ständig zu, während die Zahl und Bedeutung der Urkunden zurückging.38 Diese Entwicklung fand auch 37 Burmeister, Feldkirch S. 195/196. 38 Vgl. Diederich. Städtesiegel, S. 62. 42
	        

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