Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1985) (85)

Die Beschaffung eines Siegelstempels war im Mittelalter eine teure Angelegenheit, da das Siegelstechen als schwierige Arbeit galt und entsprechend gut bezahlt werden musste. Die Tatsache, dass im 17. Jahrhundert nicht nur die Landesherren, sondern auch Landammän- ner mehrere Stempel besassen, lässt vermuten, dass die Graveure die Siegel viel billiger herstellen konnten. Die Verwendung mehrerer Stempel durch einen Siegelführer konnte verschiedene Gründe haben. Auffallend ist etwa, dass die Grafen Karl Ludwig von Sulz (1560 - 1616) und Jakob Hannibal III. von Hohenems (1653 - 1730) gleichzeitig mehrere Siegel nebeneinan- der geführt haben. Eine Begründung dafür lässt sich dort finden, wo es sich um Siegel unterschiedlicher Grösse handelte: Die grösseren Siegel galten im Prinzip als höherwertig und waren eher für den amtlichen Gebrauch vorgesehen, die kleinen Siegel eher für den Privatge- brauch. Diese Trennung wurde jedoch oft nicht beachtet. Eine Erklärung dafür, dass die Grafen mehrere Siegel der gleichen Grössenordnung nebeneinander benutzten (so besass z.B. Jakob Hannibal III. von Hohenems sechs Signete), besteht möglicherweise darin, dass sie Spass an der Vielfalt und Pracht ihrer Siegel hatten. Gerade Siegelringe dienten ja auch als Schmuck. Dieser Pracht scheinen auch die Landammänner nicht abgeneigt gewesen zu sein, wenn sie sich neben ihren grossen Siegeln kleine Signete anschafften. Bis weit ins 16. Jahrhundert hinein verwendeten die Siegelführer aber nicht ohne besonderen Grund gleichzeitig mehrere gleichwertige Stempel nebeneinander. So besassen Klöster, Städte und Orte in der Regel nur einen Siegelstempel, der gut verschlossen aufbewahrt wurde und der oft während mehreren Jahrhunderten gebraucht wurde. Durch die sichere Aufbewahrung sollte eine missbräuchliche Verwen- dung ausgeschlossen werden. Ein neuer Stempel wurde normalerweise erst dann angefertigt, wenn der alte - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr verwendet wurde. Auch die Adligen verwendeten nicht ohne Grund mehrere Stempel nebeneinander. Ein solcher Grund konnte z.B. darin bestehen, dass sie verschiedene Herrschaften mit eigenen Kanzleien besassen, die dann natürlich eigene Stempel benötigten. Eine andere Erklärung lässt sich bei Wolfhart VI. von Brandis finden, der zwei Siegel besass: Der Vater und der Sohn führten den gleichen Vornamen. Damit man die beiden unterscheiden konnte, Hess der Sohn die 35
	        

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