Turm fertig. Er fand in der Meinung der Öffentlichkeit ein vielseitiges mitunter widersprüchliches Echo, wie Rheinberger in einem Brief selber feststellte: «... Er wird gelobt und auch geschmäht...» (25. August 1901).20 Es steht heute ausser Zweifel, dass Rheinberger mit diesem Turmbau einen wesentlichen Beitrag zur romantisch-histori- schen Auffassung damaliger Burgrenovierungen geleistet hat. Rheinbergers Mitarbeit am Wiederaufbau der Burg Liechtenstein ist bis zum Oktober 1901 nachweisbar. Die Bauarbeiten waren bis zu diesem Zeitpunkte mit Ausnahme von Teilen der Inneneinrichtung abgeschlossen. Für Egon Rheinberger ging damit ein arbeitsreiches Kapitel als Bildhauer, Architekt, Maler und Kunsthandweker zu Ende. Sein Dienstverhältnis zu Fürst Johannes II. von Liechtenstein und dem Grafen Hans von Wilczek war damit ebenfalls beendet. Über die wiederaufgebaute Burg Liechtenstein berichtete ein Jahr später eine Tageszeitung unter anderem: «Nahezu zwanzig Jahre - von 1884 - 1901 - dauerten die Restaurierungsarbeiten und waren es zuletzt Walcher Ritter von Moltheim und Bildhauer Rheinberger (aus dem Fürstentum Liechtenstein), unter deren Leitung das sorgsam ausge- führte, schwierige Werk zur Vollendung gelangte . . . ».21 Diese loben- de Erwähnung des Namens Rheinberger damals in einer öffentlichen Zeitung, ein Jahr nach seiner Rückkehr in die Heimat, kam sicherlich nicht von ungefähr und darf als eine besondere Wertschätzung seiner in Niederösterreich hinterlassenen Werke angesehen werden. DIE JAHRE IN LIECHTENSTEIN Seit 1902 lebte Egon Rheinberger in Liechtenstein. Er bezog in Vaduz im elterlichen «Roten Haus» eine Wohnung. Die Mutter war in der Zwischenzeit am 14. Januar 1901 gestorben. Mit ihm lebten im gleichen Haus die beiden Schwestern Olga und Emma, die sich in den nun folgenden Jahren um sein leibliches und häusliches Wohl kümmerten. Am 25. November 1901 starb in München sein Onkel, der Musiker und Komponist Josef Gabriel Rheinberger. Der Neffe erbte eine beträchtliche Summe Geldes, die ihn in die Lage versetzte, 20 AF Rh 21 Deutsches Volksblatt, 12. Okt. 1902, Nr. 4948, AF Rh. 132