Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1977) (77)

Dies eben wurde ihm von dem merkwürdigen Völklein der Stäbler- Täufer zum Vorwurf gemacht! Sie wollten nun lieber ausziehen — nicht nur wegen «seiner Predicanten leer und leben», sondern auch «da sie für ungöttlich erkennt haben, das er und sein brueder (gemeint ist wohl Johann VI.) dem Profossen mit gewalt widerstandten sein (der doch von der Obrigkeit geschickt ist worden)»52. Es kommt zur Trennung zwischen Leonhard I. und den Stäblern: «Am 22. März 1528 wurde die Drohung Leonhards von Liechtenstein in die Tat umgesetzt, die Gemeinde um Widemann und Jäger musste seine Grundherrschaft verlassen. Der Liechtensteiner, der sich ausser- ordentlich human verhielt, Hess ihnen später ihre zurückgelassenen Güter nachfolgen. Doch im Augenblick sah die Situation schlecht aus. 200 Personen, die Kinder ungerechnet, hatten sich vor der Stadt ver- sammelt, wussten aber nicht, wohin sie ziehen sollten, und lagerten daher in einem wüsten Dorf. An diesem Ort beriet man sich 'umb gegenwertiger Not willen' und wählte zwei 'dienner in der Zeitlichenn Notdurfft', zwei Verwalter des weltlichen Gutes der Gemeinde sowie zwei Gehilfen. An diesem Tage, vielleicht noch am 22. März, entstand die Gütergemeinschaft in der Gemeinde. Hier liegt der konkrete Anfang der Entwicklung, die die Gütergemeinschaft der Täufer bis zur Voll- kommenheit führte und ihr Dauer bis zum heutigen Tage verliehen hat: 'Zu der Zeit haben dise Männer ein mantel vor dem Volck nider gebrait / und yederman hat sein vermögen dargelegt / mit willigem gemüet / Ungezwungen / zu underhaltung der Notdurfftigen / nach der leer der Propheten und Apostlen'.»53 Zwar hat Leonhard die Wegziehenden noch bis zu den Grenzen seiner Güter begleitet und immer wieder zum Bleiben zu überreden ver- sucht.54 Aber die Trennung war vollzogen: Bei Leonhard in Nikolsburg blieben die später «Schweizer Täufer» genannten «Schwertler», welche an Bedeutung verloren und sich dann den wachsenden Gruppen der Hutterischen Brüder anschlössen. Diese entstanden aus den wegziehen- den «Stäblern» — und hatten ihr Zentrum bald auf Neumühl, einem Gut der liechtensteinischen Besitzung Eisgrub. Ein neues Kapitel der Täufergeschichte war aufgeschlagen. 52 Beck, Ste 75. 53 Plumper, Ste 41. 54 Falke, Bd 2, Ste 45 46. 135
	        

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