Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1976) (76)

Österreich hob Fürst Alois II. die Übergangsbestimmungen am 20. Juli 1852 wieder auf und verordnete die Wiedereinführung der landständi- schen Verfassung von 1818. Der Landrat blieb auf dem Papier zwar als konsultatives Organ bestehen, tagte aber in der Folgezeit nie. Fürst Alois II. starb am 12. November 1858. Sein Nachfolger, Fürst Johann II., setzte 1861 in der Person Karl Haus von Hausens einen initiativen und entschlusskräftigen Landesverweser ein, dem er den Auf- trag gab, in der Verfassungsfrage gegebenenfalls Verhandlungen auf- zunehmen und Anträge zu stellen. Indes, es dauerte noch viele Monate und bedurfte zahlreicher Vorstösse der Landstände, bis der junge Fürst am 26. September 1862 die neue Verfassung unterzeichnen konnte, durch die der endgültige Übergang vom Absolutismus zum Konstitutio- nalismus vollzogen wurde. Der Fürst blieb zwar Inhaber der Staatsge- walt, war aber durch die Verfassungsgarantien und durch die Mitwir- kungsrechte der Volksvertretung, der Regierung und der Richter in sei- nen Vollmachten beschränkt. Die Volksvertretung bestand aus 15 Mit- gliedern, von denen drei vom Fürsten bestimmt und zwölf vom Volke indirekt durch Wahlmänner gewählt wurden. Die Abgeordneten hatten wesentlichen Einfluss auf die Gesetzgebung, die Finanzgebahrung und die Aussenpolitik und kontrollierten den von der Regierung verwalteten Staatshaushalt. Die Regierung ihrerseits bestand aus dem Landesver- weser, zwei liechtensteinischen Landräten und einem Regierungs- sekretär. Neben zahlreichen andern Vorschriften wurde die richterliche Ge- walt, die bisher in erster und zweiter Instanz vom Regierungsamt und von der Hofkanzlei in Wien ausgeübt worden war, von der Exekutive getrennt. Zwar ernannte der Fürst die Richter, in ihren Urteilen sollten sie jedoch ausserhalb der Regierung stehen und ihre Entscheide sollten über zwei übergeordnete Berufungsinstanzen weitergezogen werden können. Aufgrund der Verfassung von 1862, die für die damalige Zeit «als modern und liberal»21 galt, wurde innerhalb weniger Jahre eine be- trächtliche gesetzgeberische und reformerische Tätigkeit entfaltet. Erst- mals kam im Volk das Bewusstsein auf, den Staat mitzugestalten. Wich- tigste Reform war dabei das neue Gemeindegesetz, das schon seit der 21 Raton S. 39. 20
	        

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