hauptsächlich um Betriebe der Textilindustrie handelte, waren die Be- schäftigten in der Mehrzahl Frauen. Für Männer fanden sich in der Industrie wenig Arbeitsplätze, und alljährlich mussten zahlreiche Liech- tensteiner den Lebensunterhalt ihrer Familien als Saisonarbeiter in der Schweiz verdienen.211 Andere wiederum versuchten der Not im eigenen Lande durch Auswanderung nach Amerika zu entgehen. 2. DIE WIRTSCHAFTLICHE LAGE AMERIKAS Während man in Europa noch jahrelang unter den Folgen des Ersten Weltkrieges zu leiden hatte, kehrte der Alltag in den Vereinigten Staaten rascher zurück. Noch 1919 kam es zu argen Spannungen, weil die heimkehrenden Soldaten und die entlassenen Arbeiter der Waffen- und Munitionsfabriken unzufrieden waren. Den Heimkehrern hatte man Wohnungen versprochen, stattdessen fanden sie schlechte Unter- künfte und Vorstadtwohnungen zu übersetzten Preisen vor. Die Lebens- kosten stiegen immer mehr und schliesslich waren die Arbeiter, die während des Krieges freiwillig auf ihr Streikrecht verzichtet hatten, plötzlich wieder bereit, für ihre Forderungen die Arbeit niederzulegen. Die Krise fand ihren Höhepunkt in einem nationalen Stahlarbeiter- streik, zu dem ein Eisenbahnerstreik und schliesslich ein Polizistenstreik in Boston hinzukamen. Im Kabinett des republikanischen Präsidenten Warren G. Harding sassen ausserdem Leute, die sich an öffentlichen Geldern bereichert hatten. Der Innenminister und der Justizminister landeten schliesslich im Gefängnis. Im Jahre 1923 starb Harding und Vizepräsident Calvin Coolidge übernahm die Staatsgeschäfte. «Business of America — is business», Business ist das eigentliche Geschäft Amerikas, war seine Devise und nach wenigen Jahren sonnte sich das Land in einem Wohlstand, der als «Coolidge-Prosperity» in die Geschichte eingehen sollte, im Grunde genommen aber wenig mit der Person Coolidge's zu tun hatte. Vielmehr verfügten die Vereinigten Staaten nach dem Ersten Weltkrieg über eine unzerbombte Industrie, die in den folgenden Jahren wahre Produktions- wunder vollbrachte. Bald hatte der Amerikaner das höchste Durch- schnittseinkommen der Welt, eine Tatsache, die für Einwanderer aus 211 s. Schnetzler, S. 74. 133