Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1976) (76)

schaftlichen Zusammenbruchs. Die österreichische Krone, die auch in Liechtenstein amtliches Zahlungsmittel war, hatte im Laufe des Krieges ständig an Wert verloren. Noch 1914 wurden 100 Kronen mit 104.10 Schweizerfranken gehandelt, 1918 bekam man dafür noch 30.50 Franken und ein Jahr später nur noch 3.15 Franken.205 Der wirtschaftliche Zu- sammenbruch kostete das Land Liechtenstein nach amtlichen Schätzun- gen eine Summe von schätzungsweise 25 Millionen Schweizerfranken.200 Die Trennung von Österreich Es ist naheliegend, dass die liechtensteinische Regierung nach die- sem Debakel kein grosses Interesse mehr an einer weiteren Verbindung mit dem österreichischen Nachbarn hatte. Am 2. August 1919 beschloss der Landtag einstimmig die Kündigung des Zollvertrages von 1852. In Wien allerdings wollte man diese Kündigung vorerst nicht akzeptieren, da der Vertrag bis 1924 geschlossen und eine Kündigung frühestens 1923 möglich war. Ausserdem wies man den liechtensteinischen Gesandten, Prinz Eduard, auf verschiedene Komplikationen hin, die sich durch den vorzeitigen Rücktritt Liechtensteins vom Vertrag ergeben könnten. Ganz überraschend nahm dann das österreichische Kabinett die Kündigung am 30. August aber dennoch an und liess die Grenzwacht ihre Posten beziehen. Damit war Liechtenstein zum Zollausland geworden und von allen Seiten von Zollschranken umgeben. Die Situation war jener nicht unähnlich, in der sich das Land vor dem Abschluss des Zollvertrags mit Österreich befunden hatte: in einer wirtschaftlichen Isolation, die sich auf die Dauer für die liechtensteinische Wirtschaft ungünstig auswirken musste. Der unbefriedigende Zustand konnte teilweise durch Unter- zeichnung eines neuen Handelsvertrages mit Österreich verbessert wer- den, der Liechtenstein verpflichtete, gegenüber Österreich keine Zölle zu erheben, wofür Österreich seinem Vertragspartner die Meistbegün- stigungsklausel207 zusicherte. 205 s. Batliner, S. 14. 206 s. Batliner, S. 11. Zum Vergleich die Zahlen aus dem Staatshaushalt des Jahres 1922: Einnahmen Fr. 372 719.32, Ausgaben Fr. 569 292.60. 207 Unter Meistbegünstigungsklausel versteht man die Zusicherung, seinem Vertragspartner ein Gesamtpaket all jener Vergünstigungen einzuräu- men, die einzeln auch für andere Staaten vorgesehen sind. 130
	        

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