Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1976) (76)

real wurde uns Albany, im Staat New-York, als geeignetes Feld für Einwanderer angeraten, wegen seiner reichen Industrie. Diesen Wink beachtend, lösten wir Billets nach Albany. Der Beamte am Schalter musterte uns misstrauisch, wohl in Folge unserer etwas verdächtigen Wesens. Was wollt Ihr denn in Albany? Wir gaben vor, wir hätten Ver- wandte dort, die wir besuchen wollten. Geglaubt aber hats uns der gute Alte nicht, das konnten wir in seinen Mienen lesen. Dessen Misstrauen hatte auch unser Misstrauen erweckt. Während der Fahrt Hessen wir die Billets vom Kondukteur nach New-York umschreiben, von Windsor aus eine andere Linie neh- mend. ... Da wären wir jetzt wieder in der Patsche gesessen — Mitternacht, in der Weltstadt New-York, unbekannt und der Sprache des Landes nicht mächtig! Doch da kam uns der Zufall zu Hilfe. In New-Haven «Conektikut» war ein älterer Herr in unser Koupee eingestiegen und hatte sich uns gegenüber gesetzt. Während der Fahrt unterhielten wir uns verschiedentlich, natürlich im heimischen Dialekt. «Sind er Schwitzer Buaba», wandte der Herr sich ganz unvermittelt an uns. «Jo, mer sind Schwitzer.» — «Woher?» — «Usm St.Galler Oberland.» —«I bi au ä Schwitzer, ä Züribieter; wo wänd er hie?» — «Uf Pitts- burg.» — «Do müänd er aber z Nü York übernachtä, der Zug hätt kei Verbindig.» Wir hatten also unser Vaterland verleugnet, hoffen aber, es sei uns vergeben. Der biedere Züribieter nahm sich in verdankens- wertester Weise unser an, löste einige Billets und führte uns einige gewundene Treppen hinunter zur New-Yorker Untergrundbahn. Eine grosse Strecke fuhren wir unter der Stadt dahin und kamen wieder auf einem Bahnhof an die Oberfläche. Unser Begleiter führte uns noch auf eine Strasse, die zum Hafen führt und gab uns Weisung für einen deutschen Gasthof. Nachdem wir uns gebührend bedankt, verabschie- deten wir uns, den empfohlenen Gasthof aufzusuchen. Den folgenden Tag, es war der 29. Juni, verbrachten wir in New-York. Da hatten wir nun die Genugtuung, von derselben Stelle aus, nach der wir so oft mit heisser Sehnsucht ausgeschaut, nach Ellis Island hinüber zu schauen, vom Pennsilvania Bahnhof aus. Unsere Billets kauften wir auf einer «Ticket Offize» der Stadt, von der Baltimore-Ohio Line. Auf dem Weg zu dieser Offize kamen wir gerade recht, um zu sehen, wie ein Neger einen andern im Streite auf offener Strasse totgeschossen. Das ist nun in New-York etwas Alltägliches; auf uns aber machte es einen widrigen 127
	        

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