Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1974) (74)

nehmen wie seinerzeit.»46 In der Tat nahmen viele Liechtensteiner An- stoss an den mehreren hundert ausländischen Knechten und Mägden im Land —• obwohl sich eben kaum inländische fanden —, und wie schon 1922 wurde auch in den Dreissigerjahren verlangt47 und schliess- lich vom Landtag 1934 beschlossen, sie möglichst durch Inländer zu ersetzen.48 Diesen Beschluss des Landtages kritisierte dann ein Einsen- der: Er fand ihn zu hart für den armen einheimischen Bauern, der ge- rade noch einen billigen ausländischen Knecht bezahlen konnte, aber auch zu hart gegenüber den armen ausländischen Knechten und Mäg- den, welche meist aus den ärmsten Gebieten Österreichs kamen und oft ohne Lohn nur um Essen und Schlafen dienten; man wäre in Liechten- stein auch nicht erbaut, wenn plötzlich alle Liechtensteinischen Mäd- chen aus der Fabrik in Tisis entlassen würden.49 Hier schien neben der rein wirtschaftlichen und rein liechtensteinischen Betrachtung der Aus- länderfrage einmal auch der menschliche Aspekt durch. Sonst bestimm- ten in der Zwischenkriegszeit fast ausschliesslich Nützlichkeitserwä- gungen die Einstellung der Liechtensteiner zu den Ausländern. Dabei ist festzustellen, dass diese Einstellung wenig durch Emotionen belastet war; jedenfalls lässt in den sonst damals gar nicht nüchternen Zeitun- gen kaum etwas auf Xenophobie schliessen. Der Kampf um Arbeit und damit tägliches Brot hat in jener Zeit auch nicht nur Ausländer zu Konkurrenten, sondern auch Liechtensteiner untereinander zu — oft parteipolitischen — Feinden werden lassen. Geteilte Meinungen riefen die Geldeinbürgerungen hervor. 1923 hob ein Leitartikler den Vorteil des neuen Steuergesetzes hervor, «Leute, welche Arbeit und Geld ins Land bringen, herbeizuziehen», und er fügte hinzu: «Unverständlich ist es, wenn eifrige Politiker gegen die hierlands sich niederlassenden Fremden eingenommen sind in der Be- fürchtung, bis zuletzt regieren die das Land. Soweit braucht es nicht zu kommen.»50 Bedenken ideologischer Art erhob 1934 ein Handels- und 46 Liechtensteinisches Volksblatt, 17. Jan. 1933, S. 1. 47 Liechtensteiner Nachrichten, 4 .Nov. 1930, S. 1; siehe oben Anm. 46. 48 Liechtensteiner Nachrichten, 5. Dez. 1934, S. 1. 49 Siehe Anm. 48. 50 Oberrheinische Nachrichten, 17. Jan. 1923, S. 1; ähnlich ebenda, 20. Jan. 1923, S. 1. 45
	        

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