Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1974) (74)

6. Ausländerpolitik und Einstellung der einheimischen Bevölkerung War es bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im Zeichen des Popula- tionismus das Bestreben jedes Landesherrn, die Volkszahl seines Landes auch durch Einwanderung zu fördern,1 so wirkten sich seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Grenzen des Bevölkerungswachstums in rein agrarischen Gebieten in Theorie (Malthus) und Praxis aus. Die Ausländerpolitik wurde restriktiver und selektiv. Innerhalb dieses gros- sen Rahmens lassen sich in der Geschichte der liechtensteinischen Aus- länderpolitik2 drei Komponenten unterscheiden: eine verhältnismässig liberale Aufenthalts- und Niederlassungspolitik vom 18. Jahrhundert bis in die Sechzigerjahre unseres Jahrhunderts, eine seit frühester Zeit bis in die Gegenwart äusserst restriktive Einbürgerungspolitik der Ge- meinden und eine vorerst liberale, dann zusehends ebenfalls restriktive Einbürgerungspolitik der Landesbehörden. Bis 1809 erlangte jeder Fremde «auf Wohlverhalten hin» Aufenthalt und gegen ein «Hintersässgeld» von l1/« bis 2 Gulden Niederlassung im Fürstentum.3 Eine Ausnahme bildeten die «ausländischen Bettler», die nach jedem Krieg in Scharen von Land zu Land getrieben wurden.4 Sonst aber wurde die liberale Aufnahmepolitik fortgesetzt: Wer in Liechtenstein eine existenzsichernde Beschäftigung fand, erhielt Auf- enthalt und Niederlassung. Während der Weltwirtschaftskrise wurden Gesuche von Ausländern um Aufenthalt in Liechtenstein häufiger ab- gewiesen.5 In der Nachkriegszeit wurde dann nach dem raschen An- steigen der Ausländerzahlen 1963 die «Beschränkung der Zulassung ausländischer Arbeitskräfte» verordnet, «zur Abwehr der Überfrem- dungsgefahr und aus konjunkturpolitischen Gründen», wie es in Art. 1 1 Vgl. Bickel, S. 11 f. 2 Für das 19. Jh. siehe Ospelt, S. 64 ff. 3 Ospelt, S. 64. 4 Vgl. die «Policey und Lands Ordnung des Reichs-Fürstenthums Liechten- stein», von Fürst Joseph Johann Adam 1732 erlassen und im Landsbrauch von 1794 neu aufgezeichnet, in: Liechtensteiner Volkswirt 1928, Nr. 19, S. 3; siehe auch Wanner. 5 Vgl. etwa die regelmässigen «Berichte aus den Regierungssitzungen» in den Landeszeitungen der Jahre 1930 — 3.8. 36
	        

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