Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1973) (73)

sie sich doch vor einem Prestigeverlust zugunsten der sozialistischen Partei und vor den von den Deutschfreiheitlichen aufgestellten Vor- würfen, «dass sie erst durch die Strasse an ihre Pflicht gemahnt werden müsse».73 Aus den Angaben des Vorarlberger Landesamtsdirektors, Dr. Galli,- gegenüber Dr. Peer geht die Beziehung zwischen Demonstra- tion und Grenzsperre jedoch deutlich hervor, die eine Reihe innen- und aussenpolitischer Aktivitäten hervorrufen sollte. Als am 19. November die Nachricht des gänzlichen Warenausfuhr- verbotes bei der fürstlichen Regierung eintraf, setzte sich diese um- gehend telefonisch mit der Finanzbezirksdirektion in Feldkirch in Ver- bindung. Die Massnahme der Vorarlberger Landesregierung wurde mit dem «geradezu masslosen Warenaufkauf der liechtensteinischen Be- völkerung» begründet und bestätigt. Auf den Vorwurf des Liechtenstei- ner Regierungssprechers, das Verbot sei mit dem Handelsabkommen vom 1. Mai 1920 nicht zu vereinbaren, erfuhr man zur grossen Über- raschung, dass dieses überhaupt nicht publiziert war und die Vorarl- berger Behörden sich deshalb auch nicht daran hielten. Selbst wenn der Inhalt bekannt wäre, «rechtfertige eben der eingetretene Notstand die Massnahme». Die fürstliche Regierung, die von den «Hamsteraufkäufen» wusste, diese jedoch nicht verhindern konnte, und deshalb volles Verständnis für die Vorarlberger Reaktion zeigte, bat aber dennoch ihren Gesandten' in Wien, «dass es angezeigt wäre, die etwas eigentümliche Auffassung der österreichischen Regierung über die Pflicht zur allgemeinverbind- lichen Verlautbarung einmal getroffener Abmachungen zum Gegen- stand einer, wenn auch ganz freundlichen Intervention zu machen».74 Noch bevor Prinz Eduard auf das Vaduzer Schreiben hin dem österr. Bundeskanzler am 2. Dezember eine Verbalnote der fürstlichen Regie- rung überreicht hatte, lösten seine mündlichen Interventionen beim Bundeskanzleramt und Aussen- und Finanzministerium spontane Pro- teste gegen Landeshauptmann Dr. Ender wegen der Inkompetenz der Vorarlberger Anordnungen aus. Ender entschuldigte sich jedoch da- mit, dass er unter dem Druck der bäuerlichen Bevölkerung gestanden sei und nicht anders habe handeln können. Prinz Eduards Zweifel, «in 73 VT, 24. und 16. 11. 1920. 74 LLA: FLReg. Vaduz an FLGes. Wien, Vaduz, 22. 11. 1920. 90
	        

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