Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1973) (73)

von monarchischer Gesinnung, kämpfe aber gleichzeitig gegen «fremde Interessen und geheime Kräfte». Schliesslich lasse sich das sogenannte «christlich-soziale Programm» der Volkspartei kaum mit den «fortwäh- renden Putschversuchen» und dem «grössenwahnsinnigen Draufgänger- tum» der Partei vereinbaren.7 Die Industriellenkreise Vorarlbergs standen der Entwicklung in Liechtenstein gleichgültiger gegenüber. Zwar betrachteten sie eine Fort- dauer des Zollvereins als «wünschenswert», wollten aber dafür «keine nennenswerten Opfer» bringen, um so weniger, als man ohnedies eine baldige Wiederaufnahme der alten Beziehungen erwartete. Massgeblich für diese Meinung schienen die Vorwürfe von Liechtensteiner Deputa- tionen gegenüber Landtag und Dr. Wilhelm Beck und die bereits fühl- baren negativen Konsequenzen der errichteten neuen Zollinie.8 Dass von Seiten der Vorarlberger Landesregierung weit stärkere Aggressionen gegen Liechtenstein vorhanden waren, beweist die am 1. September 1919 eigenmächtig veranlasste Behandlung des Fürstentums als Zollausland. Dadurch unterlagen sämtliche Importe aus Österreich der Bewilligung durch die Bezirkshauptmannschaft in Feldkirch. Als Motiv führte die Landesregierung die Unmöglichkeit einer wirkungs- vollen Grenzbewachung bei Balzers an, was durch das Verhalten der Liechtensteiner Bevölkerung hervorgerufen worden sei. Am 13. September wurde der «Irrtum» durch das österreichische Aussenamt offiziell beseitigt.9 Die wohl wahren Motive der gekränkten Vorarlberger erfasste das Liechtensteiner Volksblatt, als es die bürokratische und unfreundliche Behandlung durch österreichische Beamte in Feldkirch schildert: «Die Missstimmung gegen uns scheint aber in Vorarlberg allgemeiner Natur zu sein, denn ich bemerke sie ... . auch am Biertisch, im Geschäft, auf der Strasse, kurz überall erinnert man uns ganz unverblümt — aber, wie gesagt, immer mit der grössten Liebenswürdigkeit — daran, dass wir es ja selbst so gewollt. Und wer will es den «lieben Vorarlbergern» denn verdenken, wenn sie etwas verstimmt sind? Bis vor kurzem lebten 7 VT, 18. 9. 1919. 8 Sitzungsprotokoll der Handels- und Gewerbekammer, 15. 9. 1919. 9 Liechtenstein, E.: Liechtensteins Weg von Österreich zur Schweiz. Selbst- verlag Vaduz. S. 135, 136. 67
	        

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