Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

die zu einer schweren finanziellen Zerrüttung führten. Nur unter extre- men wirtschaftlichen Belastungen war es Liechtenstein gelungen, in be- wegten Zeiten europäischer Geschichte seine staatliche Unabhängigkeit zu bewahren. Von 1815 bis 1866 gehörte Liechtenstein innerhalb der 16. Kurie dem Deutschen Bunde an.39 Die Souveränität des Fürstentums Liechtenstein war damit bestätigt, die Stellung der Fürsten von Liechtenstein gewahrt, allerdings nur durch weitere finanzielle Opfer. Liechtenstein hatte sich an den verschiedenen Bundeskosten zu beteiligen, die Bundestagsge- sandtschaft verursachte empfindliche Auslagen, und nicht zuletzt er- wuchsen dem Lande besondere Militärverpflichtungen: Gemäss der Kriegsverfassung des Deutschen Bundes von 1821/22 hatte jeder Bun- desstaat 1% seiner Bevölkerung für das Bundeskontingent zu stellen.40 Waren in den Kriegsjahren die Reichsanlagen, Kriegskontributionen, Militärauslagen u. a. m. zu einer überaus harten Belastung geworden, so blieben auch in den späteren Friedensjahren die Kontingents- und übrigen Bundeskosten bis 1866 mit durchschnittlich 20 — 30 % der Gesamtausgaben eine spürbare Last und hemmten die wirtschaftliche Gesundung des Landes.41 Mit dem Beitritt Liechtensteins zur Vier- mächte-Allianz gegen Napoleon (3. Juli 1815), zur Heiligen Allianz (18. Mai / 12. Oktober 1817) und zu mehreren anderen internationalen und nationalen Verträgen und Bündnissen42 wurde die staatliche Selb- ständigkeit und die aussenpolitische Stellung des Landes gestärkt, des- sen Wirtschaft aber belastet. Durch die geographische Lage und die Herkunft des Fürstenhauses bedingt, hatte sich Liechtenstein politisch immer stark an Österreich gelehnt und war infolgedessen wie dieses auch dem Deutschen Zoll- verein von 1834 ferngeblieben. Politisch an Österreich gebunden und in den Deutschen Bund einbezogen, stand Liechtenstein, umgeben von zoll- und handelspolitischen Schranken, immer spürbarer in einer wirtschaftlichen Isolation. Eine engere wirtschaftliche Bindung konnte nur mit Österreich gesucht werden. Mit der Schweiz bestanden zwar lokale Verkehrs- und Wirtschaftsbeziehungen, die Strukturen der bei- den Staten waren aber zum mindesten bis zur Hälfte des 19. Jahrhun- derts zu verschieden, als dass engere zwischenstaatliche Beziehungen hätten entstehen können. — Als sich das Fürstentum durch den Zoll- und Steuervertrag vom 5. Juli 185 2 
43 schliesslich wirtschaftlich eng an das benachbarte Österreich lehnte und mit dem Ende des Deutschen 39 Betr. Liechtenstein im Deutschen Bund, vgl. Quaderer, S. 201 — 223. Geiger, S. 336-375. 40 Quaderer, S. 216. 41 Vgl. LRA Rechnungsbücher. 42 Quaderer, S. 217 - 220 und 224 - 231. 43 Vgl. unten, S. 358 - 388. 81
	        

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