Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

oder Vereinigung, nicht aus dem Willen der Bevölkerung, sondern durch den Willen eines Fürsten, für sein Haus die juristischen Bedin- gungen für den Eintritt ins Reichsfürstenkollegium zu schaffen».8 Am 12. Juli 1806 nahm Napoleon, der Fürst Johann I. von Liechten- stein als österreichischen Friedensunterhändler nach der Dreikaiser- schlacht bei Austerlitz kennen und persönlich schätzen gelernt hatte, das vom Deutschen Reich losgelöste Fürstentum Liechtenstein in den Rheinbund auf. Der Korse gewährte den Rheinbundstaaten formell die staatliche Selbständigkeit. Liechtenstein erhielt ohne eigenes Zutun seine Souveränität als Geschenk und wusste sie, teils unter schweren finanziellen Opfern, in Hinkunft zu wahren.9 Als Mitgliedstaat des Deutschen Bundes (1815 — 1866) konnte das kleine Land seine staat- liche Selbständigkeit wahren. Sie wurde von allen Bundesstaaten voll anerkannt. Aber auch an einer Reihe von Verträgen, die Liechtenstein im Verlaufe des 19. Jahrhunderts mit anderen Staaten abschloss, doku- mentierte sich das Fürstentum als ein zu rechtlicher Selbstbestimmung und Selbstbindung fähiges, souveränes Staatswesen, und steht als sol- ches heute noch da.10 b) Verfassung und Verwaltung Zu Ende des Mittelalters bestanden die landesherrlichen Rechte der Besitzer der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg in der Landeshoheit, der bürgerlichen und peinlichen Gerichtsbarkeit, in Re- galien und nutzbaren Hoheitsrechten (Hoch- und Niederjagd, Fischen- zen, Hochwaldungen, Zölle, Bergwerk, Mühlen und Tafernen), im Recht, Steuern zu erheben und das Volk zum Waffendienst aufzu- bieten.11 Diese ausgeprägten Rechte der Landesherrschaft hingen eng mit der Reichsunmittelbarkeit zusammen, die König Wenzel 1396 der Grafschaft Vaduz verliehen hatte, und die später von verschiedenen deutschen Herrschern bestätigt wurde.12 Das Land selbst stand nur durch die Person des Landesherrn in Ver- bindung mit Kaiser und Reich. Die Landesbewohner setzten sich zu- sammen aus niederem Adel, Freien und Eigenleuten. Weil sie alle aber der Gerichtsbarkeit des Landesherren unterstanden, wurden die ständi- 8 Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, Bigge/ Ruhr 1967, S. 21. . 9 Vgl. unten, S. 353-356. 10 Auf die Diskussion der liechtensteinischen Souveränität in historischer Sicht oder aus der Perspektive der aktuellen europäischen Intergrations- entwicklung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Die Literaturangaben in Anmerkung 1, S. 69 f. ermöglichen einen Einstieg in die genannte Materie. 11 Malin, S. 15. Ospelt, Verfassungsgeschichte, S. 11. 12 a. a. O 73
	        

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