Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Aussenwanderungen Wie bereits angedeutet, hatten nicht nur Binnenwanderungen und das natürliche Wachstum Einfluss auf die allgemeine Bevölkerungs- bewegung, sondern auch Ein- und Auswanderungen, zeitweise grössten Ausmasses, prägten wesentlich die Bevölkerungsentwicklung in Liech- tenstein.78 —• Bis ins beginnende 19. Jahrhundert war man eher aus- wanderungsfeindlich. Wer samt seinem Vermögen das Land verlassen wollte, konnte dies nur mit Zustimmung (Manumission) des Landes- herrn tun und hatte eine Taxe von gewöhnlich 10'°/o seines Vermögens zu entrichten. Für die Erteilung der Auswanderungsbewilligung war die sog. «Manumissionsgebühr» zu bezahlen.77 Die Gemeinde beanspruchte zusätzlich von jedem Wegziehenden 5% des verkauften Gutes.78 Frei von diesem «Abzug» oder der «Nachsteuer» war, wer aus der Herr- schaft Schellenberg in die Grafschaft Feldkirch, oder die dazugehörigen Gerichte Rankweil und Sulz zog. Ein Vertrag zwischen Kaiser Maximi- lian und Graf Rudolf von Sulz hatte 1513 diese Ausnahme ermöglicht. Ebenso waren vom Abzug befreit die Verlassenschaften der Geistlichen, die nicht als steuerbare Güter galten, die Heiratsgüter, die als Schen- kungen angesehen wurden, und die Fahrnisse, die wie die Schenkungen von der Steuer nicht erfasst wurden.79 Als das Fürstentum 1808 dem Rheinbund beitrat und die Leibeigen- schaft auch in Liechtenstein aufgehoben wurde, waren die mittelalterli- che Nachsteuer und die Manumissionsgebühr nicht mehr zu entrichten.80 Der als Erschwerung der Auswanderung gedachte Bestandteil der alten Abgaben beim Wegzug eines Untertanen, die sog. «Emigrationstaxe», wurde hingegen beibehalten.81 — Eine gesamthafte Regelung der Aus- wanderungsangelegenheiten brachte das Auswanderungspatent vom 15. März 1809.82 Der Wegzug von Untertanen blieb grundsätzlich ver- 76 Vgl. hiezu die Tabellen im Anhang Nr. 21 - 23. 77 HKW S 304, Amtsbericht über Abzug oder Nachsteuer im Fürstentum Liechtenstein. Menzinger an HKW. 19. Juni 
1808. — Die Manumissions- gebühr war offensichtlich je nach Vermögen des Auswandernden verschie- den hoch gestuft. Zwischen 1793 — 1808 wurden Gebühren in der Höhe zwischen 7 und 24 Gulden bezahlt. (LRA AR Nr. 9, Fasz. 8/1. Menzinger an HKW 20. Okt. 1808). 78 a. a. O. 79 a. a. O. Vgl. dazu auch Malin, S. 102 f. 80 Verordnung betr. Freizügigkeit, Erlass aller Abzugs- oder Nachsteuergelder, Aufhebung der Leibeigenschaft und Manumissionsgebühr vom 19. No- vember 1808. Text siehe Anhang Nr. 26, S. 71 f. Vgl. dazu: Seger. Leibeigen- schaft, JBL 64 (1965), S. 143-152. Segers Beitrag, kann hiemit insofern ergänzt werden, als 1808 die formale Aufhebung der Leibeigenschaft er- folgt ist. 82 Text siehe Anhang Nr. 27, S. 72 - 77. 56
	        

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