Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Die Zolleinigung hatte aber auch ihre Nachteile für das Fürstentum. Zunächst traf die Verlegung der Zollinie einige private Gewerbsleute, vor allem den ehemaligen Zollpächter Martin Josef Marxer in Schaan- wald besonders hart. An den fünf Rheinübergängen wurden nur zwei Zollstätten, nämlich in Mäls und in Bendern errichtet. Die restlichen Fähren in Vaduz, Schaan und Ruggell sollten lediglich noch dem Per- sonenverkehr dienen. Der Warenverkehr aus Mittelliechtenstein nach der Schweiz war durch die weiten Umwege stark beeinträchtigt. Die st. gallische Regierung und das Regierungsamt setzten sich zwar gleich nach Vertragsabschluss für die Errichtung von Zollstätten in Vaduz und Schaan ein, scheiterten aber an der unnachgiebigen Haltung des Kaiserstaates. Die gespannten österreichisch-schweizerischen Bezie- hungen trugen wesentlich dazu bei, dass die berechtigten Wünsche der mittelliechtensteinischen Gemeinden und die ihrer schweizerischen Nachbarn unerfüllt blieben. Nachdem 1858 die schweizerische Rhein- talbahn eröffnet worden war, machte sich die Verkehrsbeschränkung immer unangenehmer bemerkbar.03 Die 1861 im Mühleholz errichtete Textilfabrik der Firma Weilenmann empfand den Mangel einer direk- ten Verbindung mit dem nächsten schweizerischen Verkehrsknoten- punkt' besonders hart. Die Fabrik musste ihre Maschinen und Garne aus der Schweiz über Haag-Bendern ins Mühleholz transportieren las- sen.66 1858 hatten die schweizerischen Gemeinden Buchs und Grabs, unterstützt vom Bezirksamt Werdenberg, den Bundesrat gebeten, Öster- reich zur Errichtung von Zollstätten in Schaan und Vaduz zu bewegen. Der schweizerische Geschäftsträger brachte diese Angelegenheit beim österreichischen Aussenminister vor, hatte aber keinen Erfolg.67 Die misslichen Verhältnisse im Verkehr mit der Schweiz blieben bis zur Erneuerung des Zollvertrages bestehen. Sehr unbeliebt war bei der Bevölkerung die durch den Zollvertrag eingeführte Verzehrungssteuer auf Bier, Wein, Obstmost, Fleisch und Schlachtvieh. Die Verzehrungssteuer war zwar nicht höher als das frü- her vom Rentamt eingezogene Umgeld, aber die Art der Kontrolle und des Einzugs durch österreichische Beamte rief den Unwillen der Be- völkerung hervor. Nachdem seit dem 1. November 1856 auch die Branntweinerzeugung von dieser Steuer erfasst wurde, kam es immer wieder zu Reibereien zwischen der Bevölkerung und den österreichi- schen Finanzbeamten, die als Kontrollorgane fungierten.68 Seit dem 1. August 1852 hatte Liechtenstein Zugang zu einem gros- sen Wirtschaftsgebiet. Da aber zunächst keine liechtensteinischen Ge- 65 Geiger, S. 208 - 211. 66 LRA 1861/6/3. 23. April 1861. Fa. Weilenmann an RA. 67 Geiger, S. 210. 68 Geiger, S. 211 - 213. Vgl. unten, S. 407 f. 370
	        

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