Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

konnten jedoch die Zollverhandlungen erst 1850 aufgenommen werden. Am 5. Juni 1852 wurde der Vertrag über den Beitritt Liechtensteins zum österreichischen Zoll- und Steuergebiet in Wien abgeschlossen.49 Dabei konnte Liechtenstein vom erbitterten Ringen zwischen Österreich und Preussen um die politische und wirtschaftliche Vorherrschaft in Deutschland profitieren. Der Zollvertrag mit Liechtenstein sollte ein Beispiel dafür sein, dass eine Zolleinigung mit Österreich zu günstigen Bedingungen sehr wohl möglich sei. Er bildete ein Glied in der Kette der österreichischen Anstrengungen, die deutsche Zolleinigung unter Österreichs Führung zu erzwingen, oder doch den Zollverein zu spren- gen. Österreich erreichte sein Ziel nicht, Liechtenstein aber hatte sich aus seiner Isolierung befreien können und freien Zugang zum grossen österreichischen Wirtschaftsraum erhalten.50 Der Vertragstext ist im Anhang wiedergegeben.51 Es sollen hier ledig- lich die wichtigsten Bestimmungen zusammengefasst werden. Liechten- stein trat unter Wahrung seiner Souveränität dem österreichischen System der Zölle, Staatsmonopole, Verzehrungssteuern, der Stempel und Kalender, der Zeitungen und Spielkarten bei und übernahm die entsprechenden Gesetze und Vorschriften.52 Sein eigenes Zollsystem hob das Fürstentum auf. Lediglich der Rheinzoll zu Ruggell und das Weggeld wurden beigehalten.53 In Balzers wurde ein Nebenzollamt I. Klasse und in Bendern ein solches II. Klasse errichtet. Als Zollstras- sen bezeichnete man die von der Luziensteig und die von der Rhein- fähre über Mäls zum Balzner Zollamt führende Strasse, sowie die Strecke von der Rheinfähre Haag zum Zollamt Bendern.54 Die Zollver- waltung im Fürstentum besorgten österreichische Beamte, die aber für diesen Dienst von der liechtensteinischen Regierung legitimiert wur- den.55 Für die im vorarlbergisch-liechtensteinischen Zollkreis jährlich verzeichneten Zollvereinseinnahmen galt folgender Teilungsschlüssel: Die Reinerträge der Verzehrungssteuer, des Tabak- und Schiesspulver- monopols und der Stempelabgaben von Kalendern, Zeitungen und Spielkarten wurden nach dem Verhältnis der Bevölkerung der beiden Gebiete verteilt. Bei den Zöllen wurde die Hälfte Reineinnahmen für 49 «Vertrag zwischen Sr. Majestät dem Kaiser von Österreich u. u. u. und Sr. Durchlaucht dem souverainen Fürsten von Liechtenstein, den Beitritt Sr. Durchlaucht zu dem österreichischen Zoll- und Steuergebiete betreffend.» Wien, 5. Juni 1852 - LRA NS 1852. «Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich» (RGBl.) Nr. 146, 5. Juni 1852. 50 Geiger, S. 191 - 196. 51 Anhang Nr. 78, S. 242-254. - Betr. Vertragsinhalt vgl. auch Geiger, S. 196-202. 52 Zollvertrag vom 5. Juni 1852, Art. 1. 53 a. a. O., Art. 2 und 10. 54 a. a. O., Art. 3. 55 a. a. O., Art. 4-6. 368
	        

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