Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

hätten gedeckt werden können.11 Vor allem Bündner Geldgeber gaben ihre im Fürstentum liegenden Kapitalien mit Rabatten von 16 — 20% an Liechtensteiner ab, die sie ihrerseits sofort aufkündigten und auf diese Weise manche Bauern um ihren Hof brachten.12 Eine höchst zweifelhafte Rolle spielten Liechtensteiner, die für auswärtige Geld- geber Zinsen einzogen und dabei ihre eigenen Landsleute auf verschie- dene Arten prellten und ins Elend stürzten.13 Als der Wucher im Land erschreckende Ausmasse angenommen hatte, bemühte sich das Oberamt, die misslichen Zustände zu bessern. Ein vom Landvogt 1803 der Hofkanzlei vorgeschlagenes staatliches Moratorium für das Fürstentum kam nicht zustande.14 Wenn auch die Obrigkeit den Schuldnern im Lande keine längere Zahlungsfristen zu- gestand, versuchte sie doch die verzweifelte Lage ihrer Untertanen zu mildern und bemühte sich, da und dort Zahlungsaufschub und nöti- ges Verständnis für die besondere Lage zu erwirken.15 1810 beschwerte sich das Oberamt mit Erfolg bei der Bünder Kantonsregierung über das erpresserische Treiben einiger Kreditgeber aus der südlichen Nachbar- schaft.16 Diese Geldgeber aus Graubünden hatten plötzlich begonnen, anstatt der in den Schuldbriefen festgesetzten Zinsen von 5% solche von 6% zu verlangen. Wollten die Schuldner den Mehrforderungen nicht nachkommen, drohten ihnen die Geldgeber mit der Aufkündigung der Kapitalien, was in den damaligen Notzeiten sehr oft zum finan- ziellen Ruin führte.17 Im Hungerjahr 1817 verbot der Fürst die Aufkün- digung aller verbrieften, grundbücherlich gesicherten Kapitalien.18 Es war dies die einzige direkte obrigkeitliche Massnahme zum Schutz der Schuldner, die im 19. Jahrhundert getroffen worden war. Die ausser- gewöhnliche wirtschaftliche Notlage des Landes hatte den Fürst zu die- sem Schritt bewogen. c) Staatliche Massnahmen zur Förderung des Hypothekarkredits Im Jahre 1809 schätzte Landvogt Schuppler die Schuldenlast der liechensteinischen Bevölkerung auf mehr als eine Million Gulden.19 11 LRA AR Nr. 10, Fasz. 9/9. 2. Sept. 1803 und 23. März 1804. OA an HKW. (Amtsberichte). — 6 Bündel Gantakten aus den Jahren 1789 bis 1808 zeugen vom harten Los, das viele Familien des Landes damals traf. (LRA AR Nr. 60 -65). 12 HKW L 2 - 3, 36. 21. Febr. 1803. OA an HKW. 13 Vgl. Batliner, Geld- und Kreditwesen, S. 24 f. 14 HKW L 2 - 3, 36. 21. Febr. 1803. OA an HKW. 15 LRA AR Nr. 38, Fasz. 37/1. Mehrere Akten (1800-1808). Korrespondenz des OA mit Johann Ulrich von Salis in' Chur wegen dessen Schuldforde- rungen an liechtensteinische Untertanen. 16 LRA SR B 2. Nr. 352 pol. 5. Okt. 1810. OA an Bündner Kantonsregierung. 17 a. a. O. 18 LRA SR L 3. Nr. 46 pol. 3. Febr. 1817. HKW an OA. 19 Vgl. unten, S. 354. Malin S. 39. 310
	        

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