Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

liehen Unfallschutz bieten. Gute Beleuchtung, Durchlüftung und Be- heizung der Arbeitsräume, sowie einwandfreie sanitäre Einrichtungen sollten die Gesundheit der Arbeiter gewährleisten. Der Gewerbeinspek- tor forschte nach unerlaubter Kinderarbeit, beaufsichtigte das Lehr- lingswesen und kontrollierte die Einhaltung der vorgeschriebenen Ar- beitszeiten sowie die Lohn- und Wohnungsverhältnisse der Arbeiter. An die Regierung erstattete der Gewerbeinspektor regelmässig Bericht über seine Aufsichtstätigkeit und stellte Anträge für Verbesserungen und Strafsanktionen. Das Gewerbeinspektorat beriet die Regierung in allen Fragen im Zusammenhang mit Industrie und Gewerbe. Eine ganze Reihe von Inspektionsberichten zeugen von der umfangreichen Tätigkeit der Gewerbeinspektoren, denen so mancher Fortschritt ins- besondere im Interesse der Arbeitnehmerschaft zu verdanken war.202 Versicherungen und soziale Gesetzgebung In der Gewerbeordnung von 1885 wurde noch festgehalten, dass ein Arbeiter während seiner Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf einen Lohn oder andere Bezüge habe. Nur wenn eine Krankheit nicht länger als vier Wochen dauerte, musste der Arbeiter zu den früheren Bedingungen im Betrieb beschäftigt werden.203 Erst das Gewerbegesetz von 1910 brachte für die Fabrikarbeiter die obligatorische Kranken- und Unfallversicherung.204 Für die Krankenversicherung waren als Mindestleistungen die freie ärztliche Behandlung während der Krank- heit, die Bezahlung aller nötigen Heilmittel, und ein tägliches Kranken- geld für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit festgelegt. Das Krankengeld wurde höchstens 20 Wochen lang ausbezahlt und mit 50°/o des durch- schnittlichen Arbeitslohnes festgelegt. Wöchnerinnen erhielten das Krankengeld durch 4 Wochen, in abnormalen Fällen bis zu 20 Wochen. Den Hinterbliebenen eines verstorbenen Versicherten kam ein Begräb- nisgeld von 40 Kronen zu. Die Versicherungskosten entfielen zu zwei Dritteln auf die Versicherten, zu einem Drittel auf den Arbeitsgeber, der Versicherungsbeitrag des Arbeiters durfte aber 3% seines Ver- dienstes nicht übersteigen.205 Die Betriebsunfallversicherung musste die gleichen Pflegekosten und Taggelder leisten, wie die Krankenversiche- rung. Bei eintretender Erwerbsunfähigkeit war eine Abfindungssumme in der Höhe des tausendfachen Tagesverdienst vorgeschrieben. Die- selbe Summe erhielten im Todfall die Hinterbliebenen. Die Versiche- rungsbeiträge waren vom Arbeitgeber zu bezahlen. Erst wenn der Prä- 202 LRA 1889/ad Nr. 101. 1890/Nr. 44. 1909/ad Nr. 545. 1912/Nr. 1766. Ge- werbeinspektionsberichte. 203 Gewerbeordnung vom 16. Okt. 1865, § 45. LGBL Jg. 65, Nr. 9. 204 Gewerbegesetz vom 30. April 1910. §§ 71 - 73. 205 a. a O., § 71. 289
	        

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