Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Mit Dekret vom 21. April 1870 beschränkte die Regierung die Arbeits- zeit auf 12 Stunden im Tag. Vorübergehende Arbeitszeitverlängerungen wurden für bewilligungspflichtig erklärt. Bei Verstössen gegen diese Vorschriften waren Bussen von 50 — 100 fl zu gewärtigen.171 Wenn triftige Gründe vorlagen, erlaubte die Regierung den Fabriken, länger arbeiten zu lassen.172 Gegen unerlaubte Arbeitsüberschreitungen gin- gen die Behörden aber energisch vor.173 Am 28. April 1884 wurde die Arbeitszeit in den Fabriken auf 11 Stun- den herabgesetzt.174 Aufgrund eines kurz darauf publizierten Erlasses durfte dann aber der 12-Stundentag noch länger beibehalten werden.173 Der 11-Stundentag galt erst ab 1. Juli 1888.176 Vom 1. Januar 1908 an mussten die Arbeiter schliesslich nur noch 10 Stunden täglich arbei- ten.177 Aus der 71-Stundenwoche war jetzt eine 60-Stundenwoche ge- worden. Fabrikordnungen Der Fabriksbetrieb war in den einzelnen Unternehmen durch eigene Fabrikordnungen geregelt.178 Diese «Hausgesetze» mussten der 
Regie- 171 LRA 1870/ad Nr. 280. 21. April 1870. Dekret an alle Textilfabriken. 172 Hatte eine Fabrik wegen Energiemangels, Umbauten u. a. m. Arbeitszeit verloren, oder stand sie unter starkem Lieferungsdruck, so wurden, wie aus vielen Akten hervorgeht, Arbeitszeitverlängerungen ohne Anstände bewilligt. 173 1873 wurde die Mechanische Weberei wegen unerlaubter Verlängerung der Arbeitszeit mit 50 fl gebüsst. Als die Fabriksleitung versuchte, von der Regierung Bussbefreiung zu erlangen, drohte diese mit der Verdoppelung der Busse, wenn die Zahlung nicht binnen zwei Tagen geleistet werde. (LRA 1873/Nr. 960, 965 u. 993). 174 Verordnung vom 28. April 1884. (LGBL Jg. 1884, Nr. 3). 175 Da in Österreich die Einführung des 11-Stundentages in der Textilindu- strie mehrmals hinausgezögert wurde, wollte die Regierung die Unter- nehmen des Landes gegenüber den österreichischen Fabrikanten nicht benachteiligen und behielt den 12-Stundentag bei, bis die Neuerung auch in Österreich eingeführt wurde. (LRA 1885/Nr. 945. 16. Juni 1885. Erlass an alle Fabriken). 176 LRA SF Normalien 1885 - 1892. 1888/Nr. 916. 29. Juni 1888. Erlass an sämtliche Fabriken. 177 LRA SF Spörry Vaduz. 1907/Nr. 897. o. D. Bekanntmachung. 178 LRA 1870/ad Nr. 165 pol. 19. Mai 1870. Fabrikordnung der Mechanischen Weberei Vaduz. LRA 1873/ad Nr. 215. 3. März 1873. Fabrikreglement der mechanischen Weberei Enderlin & Jenny Triesen. LRA 1880/ad Nr. 1939. 15. Sept. 1880. Fabrikordnung der Stickerei Oertli, Eschen. LRA 1886/ad Nr. 120. 12. Nov. 1883. Fabrikordnung der Baumwollspinnerei J. J. Spörry, Vaduz. LRA 1884/ad Nr. 1535. 5. Sept. 1884. Fabrikordnung der Mechani- Weberei Vaduz. LRA SF Spörry Vaduz. 1891/ad Nr. 2033. 16. Sept. 1891. Fabrikordnung der Baumwollspinnerei Jenny-Spörry & Cie., Vaduz. LRA 1892/ad Nr. 1112. 23. Mai 1892. Fabrikordnung der mechanischen Weberei 283
	        

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