Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Die jährlich in die Rentkasse zu leistenden Abgaben waren Zeichen für die ursprünglich feste besitzrechtliche Bindung an die Landesherrschaft. — Die Untertanen der Gemeinden Balzers, Triesen, Vaduz, Schaan Planken, Eschen, Mauren und Schellenberg waren verpflichtet, in den Herrschaftsmühlen zu rollen. Die Vaduzer, Schaaner, Plankner und Eschner waren auch gezwungen, in den herrschaftlichen Mühlen zu mahlen.80 Die Untertanen verstanden es aber, den Mühlzwang zu um- gehen, indem sie ihr Getreide auswärtigen Mühlen gegen Mehl verkauf- ten.81 Der Mühlzwang als landesherrliches Recht war bereits innerlich ausgehöhlt. 1835 klagte das Oberamt, dass der Herrschaftsmüller we- gen des Mühlzwanges, der ihm genügend Arbeit verschaffte, Nicht- pflichtige schlecht bediente. Es schlug der Hofkanzlei in Wien vor, die Errichtung weiterer Mahlwerke im Lande gegen jährliche Zinsentrich- tung in die Rentkasse zu gestatten, um den Konkurrenzmangel zu be- seitigen und den Mühlenbetrieb zu beleben.82 Nach einigem Zögern war dann der Landesherr bereit, mit den privaten Mühlbesitzern über die Mühlzwangablösung zu verhandeln. Im Jahre 1837 wurde die Mühl- zwangsablösung vom Fürsten gegen einen jährlichen Zins von 30 fl gestattet, und im Herbst 1839 auch die Verteilung dieser Summe auf die Mühlbesitzer genehmigt.84 Der Mühlzwang war damit aufge- hoben. Jedermann konnte von nun an mahlen lassen, wo es ihm be- liebte. Der Errichtung neuer Mahlwerke stand ausser der Beteiligung an der Mühlzwangablösung nichts mehr im Wege. 1848 befreite der Fürst schliesslich die liechtensteinischen Müller vom Mühlzwangab- lösungsgeld,85 womit auch das letzte Zeichen der obrigkeitlichen Bin- dung im Mühlengewerbe verschwunden war. Die liechtensteinischen Müller genossen fortan Gewerbefreiheit. In den Paragraphen 74 bis 79 der Polizeiordnung von 1843 wurde eine Mühlordung gegeben.853 Danach mussten Mühlgebäude und sämt- liche Einrichtungen stets in gehörigem Zustand sein. Nur gelernte Mül- ler durften ein Mahlwerk bedienen.85b Schlechtes Getreide, welches das 80 LRA NR 49/42. 12. Dez. 1835. OA an Fürst. Bericht über Mühlgewerbe und Mühlzwang. 81 a. a. O. 82 LRA NR 49/42. 12. Dez. 1835. OA an Fürst. Bericht über Mühlgewerbe und Mühlzwang. — Anlass zu diesem Vorschlag war ein Gesuch von Altrichter Johann Wolfinger in Balzers, seine Mühle um einen Mahlgang und eine «Feesenrölle» erweitern zu dürfen. Eine solche Erweiterung tangierte aber den bestehenden Mühlzwang und musste deshalb vom Landesherrn be- willigt werden. 83 LRA NR 49/42. 10. Sept. 1836. Zirkular an alle Ortsgerichte. 84 LRA NR 49/42. 10. Nov. 1837. fürstl. Reskript. 24. Sept. 1839. HKW an OA. 85 Vgl. oben, S. 126-141. 85a Polizeiordnung vom 14. Sept. 1843. - LRA NS 1843. §§ 74 - 79. 85b 
a. a. O., § 74. 238
	        

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