Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

mittein ein, und dem Gewerbetreibenden blieben nur wenige Bereiche der Bedarfsdeckung. Erst in der zweiten Jahrhunderthälfte begannen sich allmählich Bevölkerungsgruppen herauszubilden, die nicht mehr als Selbstversorger angesprochen werden konnten und somit dem Nah- rungsgewerbe verbesserte Existenzgrundlagen boten. Die Erweiterungs- möglichkeiten für diesen Gewerbszweig blieben aber nach wie vor sehr beschränkt.75 Das Mühlgewerbe und andere Wasserwerke lagen seit altersher in der Verfügungsgewalt der Landesherrschaft. In Liechtenstein herrschte der sog. «Mühl- oder Sackzwang», wonach alle Untertanen bestimmten Mahlwerken zugewiesen waren und nur diese benutzen durften.70 Infolge von weit zurückliegenden Rechtsvorgängen bestand im 19. Jahrhundert bis zur Aufhebung des Mühlzwanges eine bereits verän- derte Lage im Mühlgewerbe. Im Vaduzer Mühleholz standen neben an- deren privaten Wasserwerken drei Mühlen, eine Hanfreibe und eine Gerstenstampfe. Sie waren Herrschaftsbesitz.77 In privater Hand be- fanden sich je eine Mühle in Balzers, Triesen, Triesenberg, Schaanwald und Gamprin. In Schaanwald arbeitete noch eine ebenfalls private Gerstenstampfe und in Ruggell eine gemeindeeigene Mühle. Alle diese Mahlwerke entrichteten jährlich bestimmte Zinsen in die fürstlichen Renten.78 Denn sie waren vor langer Zeit als Erblehen von der Landes- herrschaft an einzelne Untertanen oder Gemeinden verliehen worden.79 75 Das zeigt sich auch an der während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- derts konstant bleibenden Zahl der Gewerbetreibenden dieses Sektors. Vgl. Anhang Nr. 66, S. 204 f. 76 Vgl. oben, S. 73 f. Um die Jahrhundertwende wurde der Mühlzwang offen- sichtlich noch streng gehandhabt. Denn in einem Schreiben des Oberamtes an die Gemeinden Balzers, Mauren und Eschen werden die dortigen Unter- tanen ermahnt, ihr Getreide in den herrschaftlichen Mühlen mahlen zu lassen. Sollten weiterhin auswärtige Mühlen benutzt werden, so würde das Getreide bezw. Mehl konfisziert werden. (LRA AR Nr. 8, Fasz. 7/4. 28. Sept. 1801). 77 LRA LBS. S. 64 — 67. — Die herrschaftlichen Mahlwerke waren seit dem 18. Jahrhundert an Private verpachtet. Bis 1801 betrug der jährliche Zins 740 fl., später bewegten sich die Mühlzinse zwischen 1200 und 1571 fl. (LRA Rechnungsbücher). Allein diese beträchtlichen Pachtzinse weisen auf die Bedeutung hin, die das Mühlgewerbe damals hatte. — 1864 wurden die herrschaftlichen Wasserwerke im Mühleholz samt zugehörigem Grundbe- sitz verkauft. («Liechtensteiner Landeszeirung». Jg. 2, Nr. 20. 17. Sept. 1864). 78 LRA LBS, S. 75, 78, 81, 92, 94 f. u. 100 f. - Die Mühle samt Brettsäge in Balzers zinste 66 Pfund Butter und 27 Pfund Käse, die Mühle in Triesen 16 fl 34 kr, die in Triesenberg 2 fl 34 kr und die Mühle und Gerstenrölle in Schaanwald 9Vs Viertel Korn und 28 kr an Geld. Die Rheinschiffmühle in Gamprin, bis 1749 Herrschaftsbesitz, leistete einen jährlichen Zins von 10 fl, und die Mühle samt Brettsäge in Ruggell zinste 34 fl. 79 Die ursprünglichen Rechtsverhältnisse der einzelnen Mahlwerke bedürften noch einer eigenen Abklärung. 237
	        

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