Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Gültigkeit hatte. Obwohl manche Bestimmungen des Gesetzbuches in Liechtenstein keine praktische Anwendung finden konnten, erwiesen sie sich insgesamt gesehen doch als vorteilhaft für Handel und Gewer- be.30 Ab 1. Januar 1866 führte das liechtensteinische Landgericht ein Handelsregister.31 Im selben Jahr verabschiedete der Landtag ein «Ge- setz zum Schutze gewerblicher Marken», das im Interesse von Industrie und Gewerbe lag.32 Schon 1861 waren in allen Gemeinden des Landes auf Anordnung der Regierung sog. «Industrie- und Handwerkerschulen» errichtet worden, die die gewerbliche Ausbildung der Jugend fördern sollten.33 Die erste liechtensteinische Gewerbeornung vom 16 Oktober 1865 basierte auf einer weitgehenden Gewerbefreiheit und brachte in dieser Beziehung gegenüber dem bisherigen Zustand keine Änderung.34 Haupt- ziel der Gewerbeordnung war es, in das grösstenteils ungeregelte Ge- werbewesen eine Ordnung zu bringen, ohne zugleich lästige Beschrän- kungen einzuführen.35 Der grösste Teil der Gewerbe konnte frei ausge- übt werden und war lediglich im Betriebsort anzumelden.36 An eine behördliche Konzession gebunden war die Ausübung aller Gewerbe, die mit Feuerstätten, Dampfmaschinen oder Wasserwerken arbeiteten und gesundheitsschädliche Einflüsse auf die Umgebung des Betriebes ausüben konnten. Konzessionspflichtig waren auch «Abdeckereien», 30 Schädler, Landtag, JBL 1 (1901), S. 118 f. 31 LGBL Jg. 1865, Nr. 10. Gesetz vom 16. Sept. 1865. §§1-3. 32 «Gesetz zum Schutze gewerblicher Marken.» 29. Juli 1866. - LGBL Jg. 1866, Nr. 5. 33 «Verordnung betreffend die Einführung der Handwerkschulen und die Feststellung der Verpflichtung zum Besuche der Industrieschulen.» 22. Okt. 1861. (LRA NS 1861). — In den Industrieschulen wurden alle schulpflich- tigen Mädchen wöchentlich drei Stunden in Handarbeit (Nähen, Sticken, Stricken, Häkeln etc.) unterrichtet. In den Handwerkerschulen erhielten die schulentlassenen Knaben bis zu ihrem 18. Altersjahr während des Win- terhalbjahres jeden Samstag während drei Stunden Unterricht in Sprach- lehre, Rechnen, Geometrie und Geographie. Vorträge über Naturgeschichte, Landwirtschaft und Gewerbe ergänzten den Schulbetrieb, zu dem auch Erwachsene Zutritt hatten. (LRA 1861/111/28. Nr. 1875 pol. 21. Nov. 1861. Bericht eines Lehrers über die Handwerker- und Industrieschulen). 34 Gewerbeordnung vom 16. Oktober 1865. - LGBL Jg. 1865, Nr. 9. - Zwei Gesetzesentwürfe des Regierungsamtes und ein Antrag der Gewerbesektion des ersten landwirtschaftlichen Vereins aus dem Jahre 1863 hatten auf der österreichischen Gewerbeordnung vom 20. Dezember 1859 basiert und jede Gewerbeausübung an eine behördliche Konzession binden und von einer Berufsausbildung abhängig machen wollen. Diese Einschränkungen der Gewerbefreiheit wurden in dem vom Landtag am 3. Juli 1865 verab- schiedeten Gesetz nicht gemacht. (LRA 1863/Nr. 422, 424 und 653). 35 Vgl. Schädler, Landtag, JBL 1 (1901), S. 188 f. - «Liechtensteiner Landes- zeitung.» Jg. 2, Nr. 14, 2. Juli 1864. - LRA Landtagsakten 1864/L 3. (Kom- missionsbericht über den Entwurf einer Gewerbeordnung. 14. Juni 1865). 36 Gewerbeordnung vom 16. Oktober 1865. - LGBL Jg. 1865, Nr. 9, §§ 10 - 13. 232
	        

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