Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

fortan nicht mehr im Gemeindewerk, sondern nur noch im Akkord oder Taglohn ausgeführt werden. Zur Erstellung von Fahrwegen in den Wäldern sicherte die Regierung den Gemeinden Subventionen bis zu 50 % der Baukosten zu.66 Die liechtensteinische Forstwirtschaft hatte, wie allein schon alle diese gesetzlichen Massnahmen zeigen, im Verlaufe des 19. Jahrhun- derts enorme Fortschritte gemacht. Gleichzeitig hatte auch die Wald- nutzung manche Änderung erfahren. Die Lieferung von Bau- und Brennholz war immer Hauptaufgabe des Waldes geblieben. Vor der Einführung einer rationellen Forstbewirtschaftung diente der Wald aber noch in vermehrtem Masse verschiedenen anderen Bedürfnissen.67 Er bot Nahrung, Futter und Streue. Laub und Nadeln, oft auch der Moos- teppich des Waldes wurden jedes Jahr als Streue- und «Bettlaub» ge- sammelt. Mit Sicheln gewonnenes oder von Hand gerupftes Waldgras bedeutete einen willkommenen Zuschuss an Winterfutter. Allgemein verbreitet war auch die Waldweide von Klein- und Grossvieh. Seit der im 18. Jahrhundert wachsenden Nächfrage nach Holz und der damit verbundenen Preissteigerung nahm die landwirtschaftliche Nutzung der Wälder unter dem Druck obrigkeitlicher Gesetze und Verordnungen mehr und mehr ab. Von einiger Bedeutung blieb lediglich die Laub- streugewinnung, die man den Gemeinden mit zu wenig Ried- und Streueböden nicht gut verbieten konnte.68 Die wichtige Funktion des Waldes als Schutz der Landschaft und der menschlichen Siedlungen war schon früh erkannt worden. Seit alters- her gab es im Alpgebiet und auf der Rheintalseite sog. «Bannhölzer», die aber verhältnismässig kleine Flächen umfassten.69 In den übrigen Waldlagen hatten die Menschen im Bestreben, neuen Wohnraum und neue Weidegebiete zu gewinnen, allzu oft kurzsichtig und rücksichtslos gerodet. Die Forstgesetze des 19. Jahrhunderts geboten den wilden Ro- dungen Einhalt und suchten den damaligen Waldbestand zu erhalten. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Schutzgedanke soweit Fuss gefasst, dass man Schutzwälder anlegte. Das Gesetz vom 12. Au- gust 1896 regelte in Liechtenstein erstmals die Anlage von Bannwäl- dern.70 66 a. a. O., § 35. 67 Dies geht aus verschiedenen Bestimmungen in den Waldordnungen des 18. und 19. Jahrhunderts hervor, die solche der Holzproduktion zumeist schädliche Waldnutzungen einschränkten oder verboten. — Vgl. dazu: Waldordnung vom 1. Aug. 1842, Anhang Nr. 64, S. 186 - 202. 68 § 28 der Waldordnung vom 8. Oktober 1865 verbot das «Stallauben» (Streuegewinnung) in den Gemeinden ohne Streuemangel. Das «Bettlau- ben» (für Laubbetten) hingegen wurde generell, dass «Stallauben» nur in Gemeinden mit Streuemangel erlaubt. - LGBL Jg. 1866, Nr. 2, § 28. 69 Vgl. Klenze, S. 101 - 107. 70 «Gesetz betreffend die Anlage von Bannwäldern.» 12. Aug. 1896. LGBL Jg. 1896, Nr. 5. 223
	        

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