Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Schon früh dürfte der Mensch versucht haben, auf den Rheinlauf in seinem Interesse einzuwirken. Als älteste Wuhrwerke gelten die soge- nannte «Fahrwuhre» zum Schutz der Rheinfähre.30 Dämme, oft mehr- fach hintereinander angelegt, aus Steinen und Holzstämmen zusam- mengesetzt, waren früher von geringer Bedeutung, ja sie fehlten meist ganz, da der Rhein damals tiefer eingebettet lag. Wuhren hingegen wurden als einzelne Bauwerke nur da gebaut, wo unmittelbar Gefahr drohte, oder zur Erschliessung eingebrochener Stellen. Man unterschied zwischen sog. «Streichwuhren«, die gleichlaufend mit der Flussrichtung angelegt wurden, und «Wuhrköpfen», die, schief gestellt, die Strom- richtung vom Ufer ablenken sollten. Oft wurden solche «Wuhrköpfe» aber ausgebaut zu sog. «Wurf-, Buck-, Stupf- bzw. Schupfwuhren», die so angelegt waren, dass sie die volle Strömung ans andere Ufer werfen konnten. Solche Bauten erweiterten das Flussbett sehr und führten zu ausgedehnten Sandbankbildungen und zur Erhöhung des Flussbettes. Diese negative Auswirkung wurde noch erhöht durch Kahlschläge in den Berglagen und die dadurch hervorgerufene verstärkte Geschiebe- führung des Rheins.40 Beim Bau von Wuhren wurde zunächst Holzwerk übereinander gelegt, durch eingeschlagene Pfähle zusammengehalten und mit Steinen beschwert. Eine solche Konstruktionsweise hatte den Nachteil eines grossen Holzverschleisses.41 Die Wuhrwerke mussten meist schon nach kurzer Zeit wieder erneuert werden, da das Holz rasch verfaulte, und das Steinwerk dann in die Tiefe stürzte.42 Hoch- wasser und Schupfwuhre änderten dauernd den Rheinlauf, so dass die Grenzen immer wieder neu festgelegt werden musten, was oft zu schwersten Auseinandersetzungen unter den Gemeinden des Rheintales führte.43 39 Hungerbühler, Uferschutz am Rhein, S. 21. Betr. altes Wuhrwesen: Krapf, S. 43-47; Hungerbühler, S. 15-21. 40 Vgl. oben S. 18. 41 LRA SR R 2: Rheinakten, o. D. (1808/09). Das Oberamt verfügt, dass kein Holz, sondern Steine in Hinkunft zu Wuhrungen verwendet werden sollen. 42 LBS, S. 19 f. 43 1471 stritten sich die Gemeinden Schaan und Vaduz mit Buchs wegen der Rheinwuhre und des Holzschlages in der Au. Dabei kam es zur Gewalt- anwendung, wobei ein Schaden von insgesamt 1800 Pfund Pfennig ent- stand. (Kaiser, (1847), S. 310). - 1698 klagten Sevelen und Wartau gegen Triesen wegen eines errichteten Schupfwehres. Ohne den Prozessgang ab- zuwarten, gingen die schweizerischen Nachbarn daran, das umstrittene Wuhrwerk abzureissen, wurden dabei aber von den Triesnern beschossen. Im folgenden Jahr entschied der Rhein den Streit auf seine Weise und riss das Wuhrwerk mit sich. (Kaiser (1847), S. 434). Eine Fülle von Akten im Regierungsarchiv berichten davon, dass die liechtensteinischen Rheinge- meinden seit altersher bis ins beginnende 19. Jahrhundert hinein, immer wieder mit ihren schweizerischen Nachbarn in Wuhrstreitigkeiten ver- wickelt waren, die von der Obrigkeit geschlichtet werden mussten. So ent- standen die vielen Wuhrbriefe, die den Grenzverlauf und das Wuhrwesen 23
	        

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