Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

auf die Milchproduktion, die lediglich den eigenen Bedarf zu decken hatte.192 Die Milchleistung der Kühe lag im Vergleich zu heute bedeu- tend tiefer. Man darf einen mittleren täglichen Milchertrag einer Kuh von rund 5 Litern annehmen.193 Die Milchverarbeitung, meist genos- senschaftlich organisiert, geschah mittels primitiver Geräte und Metho- den. Das verbreitetste Verfahren war das Aufstellen der Milch in Holz- wannen (Brenten). Es wurde aber auch damals schon vorzügliche But- ter und Käse (Mager oder Sauerkäse) hergestellt.194 Die in den Senne- reien erzeugten Milchprodukte wurden nach der Grösse der Milch- lieferung unter die Genossen verteilt und in deren Haushaltungen selbst verbraucht.195 Mit der steigenden Bevölkerung, besonders seit der 1860 einsetzenden Industrialisierung des Landes, nahmen der Frischmilchverbrauch und der Bedarf an Molkereiprodukten entsprechend zu. Da immer mehr Leute sich nicht mehr selbst mit Milch versorgen konnten, fand der Landwirt mit seiner Milch und den Molkereiprodukten immer besseren Absatz. Besonders seit der Gründung des Landwirtschaftlichen Vereins wurde der Milchverarbeitung auf genossenschaftlichem Wege mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Anstelle des althergebrachten Verfahrens der Brentenlagerung trat in den Dorfsennereien das Zentrifugal- oder Kaltwasserverfahren, und manch andere Neuerung wurde eingeführt.196 Mit der steigenden Nachfrage nach Milchprodukten hatte der Ausbau zur neuzeitlichen Sennerei begonnen. Die liechtensteinische Landwirt- schaft suchte dem gesteigerten Bedarf nachzukommen und erzielte erfreuliche Erfolge. Von 1891 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges gelang den Viehhaltern nahezu eine Verdoppelung der Produktion von 192 Da es im Lande kaum Leute gab, die sich nicht selbst mit Milch versorgen konnten, wird dieser Zustand gut verständlich. 193 1839 wird die durchschnittliche Milchleistung einer Kuh in Vorarlberg mit 3 Mass (ca. 4.5 1) angegeben, was auch für Liechtenstein zugetroffen ha- ben dürfte. (Staffier, S. 289). Im Vergleich dazu war die Milchleistung des schweizerischen Braunviehes bedeutend höher, betrug doch dessen durch- schnittliche Milchleistung je nach Region zwischen 7.5 bis 18 1. (Engeler, Braunvieh, S. 150 f.). 194 Vgl. Franz Beck, Milchwirtschaftliches, In: Liechtensteinische Landes- Ausstellung Vaduz 1934 (Katalog), S. 53 f. 195 Klenze, S. 92. — Dies geschah oft in der Weise, dass ein Bauer mit gros- sem Viehbestand im Verlauf des Jahres öfters, ein Kleinbauer seltener an die Reihe kam, die Tagesproduktion der Sennerei zu übernehmen. Eine eigene Verkaufsorganisation für Milchprodukte gab es vor dem Ersten Weltkrieg nicht. Auch als der Absatz von Milch und Milchprodukten im Lande bedeutend gestiegen war, konnte sich der Konsument nur an den einzelnen Bauern direkt wenden. 196 Franz Beck, Milchwirtschaftliches, In: Liechtensteinische Landes-Ausstel- lung 1934 (Katalog), S. 53 f. 193
	        

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