Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Staatliche Förderung und landwirtschaftliches Vereinswesen Im 18. Jahrhundert noch sehr zögernd, mit Beginn des 19. Jahrhun- derts aber immer stärker, suchte der absolutistische Staat die Landwirt- schaft zu steuern und zu fördern. Im 18. Jahrhundert waren lediglich die Forstwirtschaft durch die Waldordnung von 1732 und der Feldbau durch einige flurpolizeiliche Bestimmungen aus demselben Jahr gesetz- lich geregelt.291 Die Organisation der Landwirtschaft und die Aufstel- lung einer bestimmten Ordnung war noch weitgehend den Nachbar- schaften überlassen. Gleichzeitig mit der Zerschlagung der alten poli- tischen und rechtlichen Ordnung (1808) trachtete die Obrigkeit danach, die wirtschaftlichen Grundlagen und Methoden der liechtensteinischen Bauern mit oder gegen deren Willen zu verändern. Von oben herab, aus einem absoluten Machtanspruch heraus, wurde die Struktur der Landwirtschaft geformt und bestimmt. Güterarrondierung, Gemein- heitenteilung und Bodenmelioration kennzeichneten die erste Stufe der staatlichen Massnahmen. Parallel mit der allmählich durchgeführten Bauernbefreiung ging die Obrigkeit schliesslich daran, einzelne Be- reiche der Landwirtschaft durch Gesetz speziell zu regeln und zu för- dern, so dass um die Jahrhundertwende fast die gesamte Landwirt- schaft von der staatlichen Gesetzgebung erfasst war. Vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges war die liechtensteinische Landwirtschaft durch teils vorbildliche Gesetze geregelt und genoss in allen ihren Zweigen staatliche Förderung.292 Fürstliche Erlasse und Anordnungen des Oberamtes waren, zumin- dest bis zu den revolutionären Ereignissen von 1848, alleinige Richt- schnur für die landwirtschaftliche Tätigkeit in Liechtenstein. Der ein- zelne Untertan, der die Beweggründe für die obrigkeitlichen Vorschrif- ten nur mangelhaft oder gar nicht kannte und verstand, hatte lediglich Vorschriften zu vollziehen. Es ist leicht zu verstehen, dass er sich unter solchen Umständen Reformen gegenüber misstrauisch und widerspen- stig zeigte. An private Initiativen zu Verbesserungen in der Landwirt- schaft war schon gar nicht zu denken. Dazu lagen auch die Bildungs- verhältnisse im Fürstentum allzusehr im argen.293 — Erst als infolge der konstitutionellen Übergangsbestimmungen und insbesondere infolge der die Volksrechte wieder respektierenden Verfassung von 1862 der 291 Waldordnung und Polizeiordnung des Fürstentums Liechtenstein, beide vom 2. September 1732. (LRA NS 1732). 292 Ein Teil dieser Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts ist bereits aus der bis- herigen Darstellung ersichtlich geworden. Bei der Behandlung der ver- schiedenen landwirtschaftlichen Betriebszweige soll auf die weiteren ent- sprechenden Gesetze eingegangen werden. 293 Vgl. dazu Malin, S. 71 - 93. Quaderer, S. 136 - 171. 159
	        

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