Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

leget, die Vernachlässigung der Viehzucht, die schlechte Benutzung des guten und dankbaren Erdreichs sind so auffallend, dass sie auch bloss Durchreisende bemerken.»235 — Dass die Güterparzellierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts tatsächlich ungeheuer weit fortgeschritten war, zeigt sich am Beispiel der Gemeinde Schaan.236 Dort betrug die Durchschnittsgrösse der den oben erwähnten Bürgern gehörigen Wein- gärten 45 — 65 KL, die der Äcker 256 —274 Kl., die der Wiesen 346 — 440 Kl. und die der Streumähder 164 — 517 Kl. Die 4150 Kl. eigener Boden eines kleineren Landwirtschaftsbetriebes — die Mehrzahl der Bauernhöfe umfasste ungefähr diese Grösse — war beispielsweise in 31 Parzellen aufgegliedert.237 Die Obrigkeit erkannte die nachteiligen Folgen dieser immer weiter fortschreitenden Bodenzerstückelung und traf entsprechende Massnah- men. Mit fürstlicher Verordnung vom 6. Dezember 180 6 
238 wurde die Güterzerstückelung verboten. Grundstücke mit weniger als 400 Kl. Fläche wurden mit einer «Vereinigungssteuer» von 1 fl jährlich be- lastet.239 Privatgrundstücke sollten nicht kleiner als 400 Kl. sein.240 Um diese Minimalgrösse der Parzellen zu erreichen, wurde dem Besitzer des an ein zu kleines Grundstück grenzenden Bodens das Zugrecht («ius retractus vicinitatis») im Verkaufsrecht zugestanden.241 Mit der «Erbfolgs- und Verlassenschaftsabhandlungsordnung» vom 1. Januar 180 9 
242 wurde das alte, im Landsbrauch aufgezeichnete Erbrecht auf- gehoben. Danach sollten Liegenschaften bei einer Erbteilung immer zunächst dem ältesten Sohn, sonst einem der nachfolgenden Brüder 235 LRA AR Nr. 10, Fasz. 9/9. 2. September 1803. Menzinger an HKW. - Hofrat Hauser stellt in seiner Landesbeschreibung fest, dass sich in wenige Qua- dratklafter Boden oft 5 bis 10 Besitzer teilen. Es war wohl doch über- trieben, wenn er schliesslich schreibt: «Ja es giebt Bäume, die 29 Inhaber haben, wenn diese sterben, so werden bey zahlreichen Familien soviele Teilnehmer anwachsen, als Blätter an Bäumen sind.» 236 LRA AR ad Nr. 42, Fasz. 41. «Steuerfassionen» der Gemeinde Schaan (1808). 237 a. a. O.; Steuererklärung des Josef Frommelt, Haus-Nr. 38. 238 LRA SR G 1. 'fürstliche Verordnung. Wien, 6. Dezember 1806. - Text siehe Anhang Nr. 46, S. 136 f. 239 a. a. O., Art. 4. 240 a. a. O. 241 a. a. O., Art. 
2. — Bis um die Wende vom 18. und 19. Jahrhundert war durch fürstliche Erlasse von 1755 und 1760 den Liechtensteinern das Zug- recht gegenüber Ausländern zuerkannt worden, um die Grundstückver- äusserung an Fremde zu verhindern. Der ausländische Grundbesitz brachte der Obrigkeit immer wieder Steueranstände mit den benachbarten Län- dern. (Alfons Feger, Fürst Josef Wenzel Liechtenstein, JBL 21 (1921), S. 106-114. - Vgl. auch unten S. 388 ff.). 242 LRA NS 1809. «Erbfolgs- und Verlassenschaftsabhandlungsordnung für das souveräne Fürstenthum Liechtenstein», Wien, 1. Jänner 
1809. — Vgl. dazu. Malin, S. 106 f. 148
	        

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