Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

bestehenden «Feudallasten» (Neugereutzinse, Vogelmolken, Schäfhaber, Fasnachtshennen und Pleuelgeld) bestimmte der Fürst am 10. März 1849, dass alle diese Bezüge nicht mehr den fürstlichen Renten, sondern rück- wirkend ab 1. Juli 1848 der Landeskassa zukommen sollten.162 Der Landesherr verzichtete freiwillig auf diese Bezugsrechte im Interesse des Landes und wies die Behörden an, deren gesetzliche Aufhebung oder Ablösung einzuleiten.163 Durch den «Reaktionserlass» vom 20. Juli 1852 
164 wurde zwar auf Verfassungsebene der 1849 erfolgte Eintritt in den Konstitutionalismus rückgängig gemacht,165 die unentgeltliche Be- freiung von der Mühlzwangsablösung, von Fronen und Novalzehnt aber ausdrücklich bekräftigt166 und zusätzlich die Ausarbeitung eines Zehntablösungsgesetzes verordnet.167 Nachdem der Fürst 1848 eine Neuordnung fast aller Gesetze in Aus- sicht gestellt hat, glaubten die Bürger, sich nicht mehr an die bestehen- den halten zu müssen. So weigerten sie sich auch, die dem Staat über- lassenen «Feudallasten» zu geben, die sie bereits als aufgehoben be- trachteten. Die aufgrund der konstitutionellen Übergangsbestimmungen 1849 gewählte Volksvertretung, der Landrat, fasste aber am 16. Juli 1849 angesichts der prekären Finanzlage den Beschluss, alle vom Fürsten dem Land abgetretenen Einkünfte zunächst beizuhalten.168 Infolge der seit 1852 einsetzenden Reaktion wurde die 1848 begonnene Grundent- lastung und Bauernbefreiung nicht weitergeführt und abgeschlossen.160 Erst in den 60-er Jahren nach der Einführung der konstitutionellen Verfassung vom 26. September 1862 verabschiedete der neue Landtag die entsprechenden Gesetze. Mit Verordnung vom 30. Oktober 1865 wurde der Fasnachtshennenzins vom Jahre 1866 an unentgeltlich auf- gehoben,170 und durch Gesetz vom 4. August 1868 schliesslich auch das Pleuelgeld, der Neugereutschilling und der Schäfhaberzins.171 liches Zirkular vom 26. Mai 1848, womit den Ortsgerichten die fürstliche Entschliessung mitgeteilt wird. 162 HKW 1849/Nr. 3109. 10. März 1849. Fürstliche Resolution. 163 a.a.O., 164 LRA NS 1852; Text siehe Anhang Nr. 43, S. 126 f. 165 Vgl. Geiger, S. 181 - 183. 166 Reaktionserlass vom'20. Juli 1852, Art. 42. (LRA NS 1852). - Text siehe Anhang Nr. 43, S. 126 f. 167 a. a. O., Art. 5 und 6. 168 Vgl. Geiger, S. 163 f. 169 Wie aus den Rechnungsbüchern zu entnehmen ist, wurden sämtliche Ab- gaben und Leistungen bis zu deren gesetzlichen Aufhebung auch tatsäch- lich entrichtet. — LRA Rechnungsbücher. 170 «Verordnung betreffend die Aufhebung des Fasnachthennenzinses» vom 30. Oktober 1865, LGBL Jg. 1865, Nr. 8. 171 «Verordnung, betreffend die unentgeltliche Aufhebung des Pleuelgeldes etc.» vom 4. August 1868, LGBL Jg. 1868, Nr. 4. - Vgl. Schädler, Landtag, JBL 1 (1901), S. 150-152. 133
	        

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