Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Lande weilende fürstliche Kommission, die die Grundlagen für eine soziale und wirtschaftliche Reform in Liechtenstein zu untersuchen hatte, drängte unmissverständlich auf eine Aufteilung der Gemein- heiten ins private Eigentum der Bürger. Die Kommission stiess mit ihren Forderungen nicht überall auf Zustimmung. Viele Bürger und manche Gemeinden wehrten sich noch immer gegen die Aufteilung des Gemeindebodens. Einzelne Gemeinden gaben nach und fuhren mit der Gemeinheitenaufteilung weiter fort.120 Im Gesetz vom 20. Juni 1843121 wurde das Trattwesen aufgehoben. Paragraph 18 schaffte das Trattrecht auch auf den ins Eigentum oder zur blossen Nutzung ausgeteilten Ge- meindeböden ab und setzte diese damit dem Privatgrundbesitz gleich. Zudem wies das Gesetz die Gemeinden an. entbehrliches gemeinsam genutztes Weideland von der Atzung auszuscheiden und als Wies- oder Ackerland zugunsten der Gemeindekassa meistbietend zu verpachten. Im Gefolge des Gemeindegesetzes vom 1. August 1842 wurden mit der Zeit in den Gemeinden und Genossenschaften Statuten über die Ge- meindebodennutzung etc. geschaffen, die, den jeweiligen Verhältnissen angepasst, die seit der Jahrhundertwende allmählich entstandenen neuen Normen berücksichtigten. Trotz aller Bemühungen konnten sich nach der ersten allgemeinen grundbücherlichen Zuschreibung von Gemeinheiten an Private in den 10-er und 20-er Jahren nur mehr wenige Gemeinden zu einer weiteren Übergabe von Gemeindeboden ins Privateigentum ihrer Bürger ent- schliessen. Die Behörden zögerten, ihre ursprünglich getroffenen An- ordnungen straff und mit aller Härte durchzuführen, offensichtlich auch in der Erkenntnis, dass die Argumentation gegen die totale Auf- teilung nicht ganz unberechtigt war. Nach der Jahrhundertmitte wurde praktisch kein Gemeindeboden mehr ins Privateigentum, sondern le- diglich noch zur Nutzung an Bürger ausgeteilt. Die Obrigkeit be- schränkte sich darauf, eine gerechte Verteilung zu erzielen, indem nicht nur die alten Hausnummern, sondern sämtliche Bürgerfamilien als bezugsberechtigt zu gelten hatten. Die Nutzungsrechte an Gemeinde- boden erschienen nun nicht mehr als Anhang alter Bürgerhäuser, son- dern entsprangen dem persönlichen Bürgerrecht.122 Die wirtschaftliche Bedeutung der Gemeinheiten darf nicht allein im Lichte der vernich- tenden Kritik gesehen werden, die dieser Grundbesitzform zu Beginn des 19. Jahrhunderts erwuchs. Die Gemeinheiten (Alpen, Wälder, Wei- den und Auen) ergänzten die Privatwirtschaft des einzelnen Bauern, der ohne den gemeinsamen Genossenbesitz nicht hätte existieren kön- 120 Betr. Tätigkeit der fürstlichen Kommission vgl. Quaderer, S. 117 — 119. Büchel, Gemeindenutzen, S. 55 f. 121 Gesetz betr. Trattablösung, 20. Juni 1843. (LRA NS 1843) - Text siehe Anhang Nr. 44, S. 127 - 134. 122 Büchel, Gemeindenutzen, S. 60. 123 Vgl. Büchel, Gemeindenutzen, S. 11 — 14. 119
	        

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