Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Gemäss «Mühl- oder Sackzwang«84 waren alle liechtensteinischen Gemeinden gewissen Mühlen, Hanfreiben und "Rollen» zugewiesen. Niemand durfte andere, als die ihm vorgeschriebenen Betriebe be- nutzen. Diese Beschränkung hemmte die Gewerbetätigkeit im Lande und war für die Bevölkerung sehr lästig. — In engem Zusammenhang mit dem Mühlzwang stand das «Pleuelgeld» ,8ä eine Abgabe, die die Gemeinde Gamprin dafür entrichtete, dass sie ihren selbst erzeugten Hanf und Flachs nach Belieben überall reiben und brechen lassen durfte, wo sie wollte. Jede Haushaltung entrichtete jährlich 8 kr. 1814 betrug das Pleuelgeld von 52 Haushaltungen 6 fl 56 kr. Wie die bisherige Darstellung zeigt, ruhten zu Beginn des 19. Jahr- hunderts auf dem liechtensteinischen Bauern viele, wenn auch zum Teil nur geringe Lasten, die in ihrer Gesamtheit aber doch einen gros- sen Teil des Güterertrages und der Arbeitszeit verschlangen. Solchen Lasten konnte sich der Bauer ursprünglich meist gar nicht, im 19. Jahr- hundert nur zum Teil mit bedeutenden finanziellen Opfern entziehen. Nicht selten erschwerte sich der Landmann selbst noch sein Joch, das er zu tragen hatte, indem er, meist gezwungen durch die allgemeinen wirtschaftlichen Umstände, seinen Boden noch mit Hypothekarschul- den belastete.88 Das genossenschaftliche Element Neben dem Herrschaftsgedanken, der im Mittelalter in der Grund-, Leib-, Schutz- und Gerichtsherrschaft seine Ausprägung erfahren hatte und in seinen Weiterbildungen bis ins 19. Jahrhundert hinein das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben kennzeichnete, war der alte, auf dem Blutsverband der Sippe beruhende Genossenschaftsgedanke maligen Grafschaft Schellenberg, u. z. die Dörfer Ruggell und Gamprin mit allen Haushaltungen, Schellenberg in Bezug auf 14 Häuser, endlich Eschen in Bezug auf die auf Müsingen und Schönbühl gelegenen Wohn- gebäude.» — Die Frage, ob es sich beim Schäfhaber um eine Häusersteuer, eine sog. «Feuerstattabgabe» oder um «Forsthafer» handelt, bleibt noch offen. — Diese Abgabe brachte der fürstlichen Rentkasse bis 1848, dann der Landeskasse bis 1867 jährlich 100 — 150 fl ein. (LRA Rechnungsbücher). 84 Der Mühlzwang gehört zu den alten, den Grafen von Vaduz und Schellen- berg von den deutschen Kaisern verliehenen und immer wieder bestätigten Hoheitsrechten. (Vgl. «Brandisische Freiheiten», oben S. 73 f.). — Vgl. HKW 1866/Nr. 1612. 24. Januar 1866. Bericht des RA über die «Feudallasten». Geiger, S. 406. 85 Mit der 1858 erfolgten Aufhebung des Mühlzwanges war auch die Rechts- basis für das Pleuelgeld der Gemeinde Gamprin entfallen. Es kennzeichnet die nicht mehr verstandenen Rechtsverhältnisse, wenn diese Abgabe wei- terhin entrichtet und erst 1868 aufgehoben wurde. — Betr. Pleuelgeld: HKW 1863/Nr. 6357. 25. Mai 1848 und 1866/ Nr. 1612. 24. Januar 1866. Berichte des RA über die «Feudallasten». LRA LBS, S. 211. Geiger, S. 406. 86 Siehe dazu, unten S. 307 - 321. 107
	        

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