Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1971) (71)

teilte Oblt. Probst fernmündlich mit, dass der aus Moskau erwartete Maj. Federoff möglicherweise eine offizielle Forderung wegen Auslie- ferung der nicht1 zur Rückkehr bereiten Sowjetbürger in der Schweiz stellen werde. Aber, «welche Forderung auch kommt, so kann im vor- aus gesagt werden, dass die Schweiz sie ablehnen wird.»1 Am 27. 9. hatte ein Vertreter des CIRC (Kommission des Internationa- len Roten Kreuzes) das Interniertenlager in Vaduz besucht. Er hatte ver- sucht, die Insassen wegen ihrer Zukunft zu beruhigen und stellte ihnen in Aussicht, «sie später nach Frankreich, England oder Amerika zu schicken.» Daraufhin legte der Leiter der Delegation in Liechtenstein «für diese provokatorische Äusserung des Vertreters vom CIRC schärfsten Protest ein» und bat die liechtensteinische Regierung, dem CIRC dieses mitteilen zu wollen.2 Die Sowjetdelegation wachte auch in den folgenden Wochen streng darüber, dass das Interniertenlager möglichst wenig Ver- bindung mit der Aussenwelt hatte. So meldete Baron Falz-Fein am 18.10. der Regierung: «Die Sowjetdelegation bittet umgehend, sofort die Sen- dung von Liebesgaben für das Interniertenlager in Vaduz einstellen zu wollen. Begründung: In den Paketen würden sich antisowjetische Zeitun- gen befinden, und ausserdem ist die Annahme dieser Pakete ein Grund, warum die Internierten nicht nach Russland zurückfahren wollten.»3 Eine Reihe von Briefen liechtensteinischer Einwohner, z. T. an die Regierung gerichtet, geben ein erschütterndes Bild von der quälenden Angst, in der die Internierten im Lager Vaduz gelebt haben. Im Schrei- ben eines Bauern an die fürstliche Regierung heisst es: «Auf einen unglücklichen, verbitterten Brief aus Vaduz von einem Russen möchte ich die fürstliche Regierung höflichst anfragen, was Sie mit diesen armen Kerlen eigentlich vorhaben . . . Wir Bauern würden die Leute so dringend brauchen, und die Internierten sind im Lager unglücklich und ratlos. Hohe Fürstliche Regierung, ich bitte Sie im Namen von uns Bauern, lassen Sie die Russen laufen.»4 Aus dem Lager selbst ging am 30. 9. eine Eingabe, unterschrieben von 49 Sowjetbürgern, der 1 LRA, Nr. 230/43, Baron Falz-Fein an die Regierung v. 25. 9. 1945. 2 LRA, Nr. 230/43, «Russ. Internierte», Protest der Sowj. Delegation v. 29. 9. 1945. 3 LRA, Nr. 230/43, «Russ. Internierte», Meldung von Baron Falz-Fein an die Regierung vom 18. 10. 1945. 4 LRA, Nr. 230/43, «Russ. Internierte». 86
	        

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