Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1971) (71)

Den Freunden und Kennern der neulateinischen Poesie ist Johan- nes Pedioneus kein Unbekannter.1 Er ist als «poeta laureatus» der Ver- fasser zahlreicher Dichtungen, die sich eng an das verehrte Vorbild Vergil anlehnen. Als Humanist und Professor der Poetik und Rhetorik in Ingolstadt ist er zugleich der Theoretiker der Dichtkunst, der be- rühmte Vorlesungen über Cicero und Vergil hielt. Weltanschaulich war er ein eifriger Vertreter des Katholizismus und ein Verfechter der Ge- genreformation. Pedioneus stand gerade am Beginn einer grossen Kar- riere, als er 1550, kaum 30 Jahre alt, vom Tode hinweggerissen wurde. Aber die Nachwelt hat den jungen Dichter nicht vergessen, wenn auch im Laufe der Zeit vieles, was man über ihn, seine Person und seine Werke wusste, in Vergessenheit geriet. Was aber vor allem in Verges- senheit geraten war, das war die Kenntnis von seiner Herkunft. Heute stehen sich zu dieser Frage sieben Theorien gegenüber, vergleichbar jenen Ansprüchen der sieben Städte Griechenlands, die sich um die Herkunft Homers gestritten haben. So sagt die erste Meinung, die Herkunft des Pedioneus lasse sich überhaupt nicht feststellen.2 Die zweite Ansicht nennt Strassburg als Heimat des Pedioneus.3 Die dritte entscheidet sich für Konstanz.4 Eine vierte und fünfte These bezeichnet Pedioneus als Graubündner5 oder Tiroler.0 Eine sechste Theorie nimmt Pedioneus für Feldkirch in An- 1 Die bisher gründlichste Arbeit über Johannes Pedioneus rührt aus der Feder von Ludwig Welti, Humanistisches Bildungsstreben in Vorarlberg, in: Montfort 17, 1965, S. 126-162. 2 Alfred Hartmann, Die Amerbachkorrespondenz, 5. Bd., Basel 1958, S. 350. 3 Joh. Bapt. Götz, Die Grabsteine der Ingolstädter Frauenkirche (1428-1829), in: Sammelblatt des historischen Vereins Ingolstadt 44, 1925, S. 118. Die einschlägige Stelle in der Grabschrift lautet: Conditus hoc tumulo est Johannes Paedioneus Ex Argentina qui dabat urbe genus. 4 So zum Beispiel Christian Gottlieb Jöcher, Allgemeines Gelehrtenlexikon, Fortsetzungen und Ergänzungen, 5. Bd., Bremen 1816, Sp. 1781 f. Die An- nahme ist darauf zurückzuführen, dass Pedioneus später den Beinamen «Constantinus» führte, der nicht geklärt ist. Dieser Beiname deutet aber schon deshalb nicht auf Konstanz, weil die entsprechende Herkunftsbe- zeichnung «Constantiensis» heissen müsste. 5 Georg Ellinger, Die neulateinische Lyrik Deutschlands in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, Berlin/Leipzig 1929, S. 198 - 202. 6 Ellinger, a. a. O. 103
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.