Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

oder St. Gallen aus; die künftigen liechtensteinischen Verwaltungs- beamten seien bereits bezeichnet, und selbst Menzinger habe gepackt und stehe zum Abzug bereit.134 Müllers Bericht erwies sich indessen bald als weitgehend unbegrün- det.135 Dennoch: Ganz aus der Luft gegriffen konnten seine Ausagen nicht sein. Auch wenn wir sie mit der grössten Vorsicht beurteilen, dürfen sie doch dahin gewertet werden, dass im Land einzelne, zwei- fellos wiederum jüngere Kreise immer noch mit dem republikanischen und mit dem eidgenössischen Gedanken spielten.136 Die revolutionäre Stimmung, die noch das ganze Jahr hindurch und darüber hinaus nachwirkte,137 zeigte sich in Widersetzlichkeiten und besonders darin, dass die Abgaben nicht entrichtet wurden und die Steuern wie auch viele Schuldreste nicht eingehoben werden konnten.138 Ähnlich ver- hielten sich übrigens auch die österreichischen Bauern, die 1848 eben- falls großenteils keine Feudalabgaben mehr entrichteten.139 Die Liech- tensteiner betrachteten die noch bestehenden Gesetze vielfach nur noch als Provisorien und setzten sich unter diesem Vorwand über manche Bestimmungen und Verbindlichkeiten hinweg.140 Durch die neue Ver- fassung, so ging die Meinung, werde die alte Ordnung sowieso in Kürze eine Modifizierung erhalten, die man sich in unklaren Vorstellungen nur äusserst freiheitlich denken konnte. Durch die teilweise Gesetzlosigkeit im Gefolge der Revolution, dazu durch den von fünf auf drei reduzierten Stand der Verwaltungsbeamten geriet das Regierungsamt auf längere Jahre in einen hoffnungslosen 134 Vortrag der Hofkanzlei, 2. Aug. 1848, HK 1848/8559 (8240). 135 Siehe oben Anm. 133. Die Rückkehr Müllers betrachtete Menzinger unter keinen Umständen mehr für ratsam. Er ersuchte den Fürsten, die Amts- schreiberstelle einem jungen Liechtensteiner zu verleihen, ebda. (8333). 136 Siehe unten S. 129 f. 137 Menzinger an Fürst, 10. Okt. 1848, HK 1863/10370 (1848/10717); man kehre im Land nach und nach wieder zur Ruhe zurück, berichtete Men- zinger. 138 Siehe unten S. 163. 139 Violand, S. 163. 140 Schreiben des liechtensteinischen Verfassungsrates an den Fürsten, 9. Jan. 1849, HK 1863/10370 (1849/1261). 88
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.