Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

sondern forderten. Sie erwarteten vom Fürsten, dass er sein Land den Rechten und Freiheiten der «Brüder in den andern Bundesstaaten» gleichstellen, werde. Mit dem Versprechen, treu an Deutschland und dem Fürstenhaüse festzuhalten, wurde doch beschwörend auf eine rasche und bestimmte EntSchliessung gedrängt, «indem es bei längerer Zögerung schwer hielte, bei der Aufregung des Volkes die gesetzliche Ordnung und Ruhe aufrecht zu erhalten.»31 Der Hinweis auf die Un- sicherheit des fürstlichen Thrones wurde berechnend als Druckmittel eingesetzt, während man sich doch zugleich um die Erhaltung der Ordnung bemüht zeigte. Die punktweise aufgeführten «dringenden Bitten und Wünsche» lassen sich nach den ihnen zugrundeliegenden Antrieben in politische und materielle gliedern. Die einen waren auf den Staat und die Stel- lung des einzelnen in der staatlichen Ordnung gerichtet, die andern berührten die ökonomische Situation des einzelnen wie der Gemein- schaft. In der Adresse gingen sie bunt durcheinander; eine Reihe von Verlangen vereinigten naturgemäss beide Beweggründe. Den grössten Teil der politischen Forderungen umfasste der Wunsch nach einer neuen Verfassung: Die ständische Verfassung vom Jahre 1818 sollte sofort durch eine freiere ersetzt werden, welche eine frei gewählte Volksvertretung, die Teilnahme an der Gesetzgebung, die Kontrolle des. Staatshaushalts und des Schul- und Armenfonds, das öffentliche und mündliche. Gerichtsverfahren, die Öffentlichkeit der Landtage und das freie Vereins- und Versammlungsrecht garantierte. Im gleichen Zuge sollte die Gemeindeordnung — als Fortsetzung der Verfassung in den Zellen des Staatswesens — revidiert werden, indem jede Gemeinde ihre Vorsteher frei wählen und ihr Vermögen selbst verwalten sollte. Weiter wurde eine Verminderung des Beamtenper- sonals und die sofortige Abberufung von missliebigen Beamten ge- wünscht; die Stellen sollten mit Inländern oder wenn solche fehlten mit Männern aus freieren deutschen Bundesgebieten besetzt werden — eine deutliche Spitze gegen die österreichische Bürokratie. Schliesslich forderte man wie in andern Ländern Volksbewaffnung. Bei den materiellen Forderungen stand an erster Stelle die unent- geltliche Aufhebung aller Feudalleistungen. Ausserdem sollten die 31 Adresse vom 22. März 1848, siehe oben Anm. 30. 63
	        

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