Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Die angegebenen 110 Kinder waren, wie die Tabelle zeigt, keine Waisen, sondern infolge des wirtschaftlichen .Notstandes der Eltern zu Armen gestempelt. Sie befinden sich auch zumeist im Kindesalter, konnten somit nicht zur Erhaltung der Eltern herangezogen werden, etwa durch Kuhhüten, Spinnen oder sommerliche Hilfsdienste in Schwaben. Besonders prekär sind jene 22 Fälle] in welchen Witwen, oder, was wegen des frühen Todes der Mutter bei der Geburt sehr oft vorkam, Witwer für die Erziehung heranwachsender Kinder sorgen mussten und dadurch an Liechtenstein gebunden waren. Hiebei sind besonders Vaduz und Schellenberg zu nennen. Bei letzterem Ort heisst es unter anderem: «Lorenz Öhri ein armer Mann mit 3 Kindern, Anton Öhri ein armer Mann mit 4 Kindern, Franz Kiber ein armer Mann mit 3 Kindern, Johannes Graf ein armer Mann mit 5 Kindern, Michael Hasler ein armer Mann mit 5 Kindern. War denn das Schicksal dieser Leute wirklich so bedauernswert? Gab es für diese wirklich keine Möglichkeit der Selbsthilfe? Man tat, was man konnte, um sich wenigstens am Leben zu erhalten und so liest man etwa: «leidet öfters den grössten Hunger .... Valentin Kindles Wittib, Ihres Alters 67. Jahr, krum und unvermögend etwas zu arbeiten, ihre zwey Töchter erhalten sich kümmerlich mit Spinnen .... Johann Banzers Wittib, ihr Vermögen ghört den Gläubigern, hat 4 kleine Kinder...... Über etliche erfahren wir, dass sie zwar eine halbe oder ganze «Gemeindeteilung» (zur Nutzung übernommenes, gemeindeeigenes Feldstück) besassen, der zahlreichen Kinder wegen aber nicht im- stande waren, sich ausreichend zu versorgen, um so weniger wenn einer der Elternteile krank war. Von alleinstehenden «gesunden Armen» tauchen aber keine Namen auf. Natürlich sollten die Almosen in erster Linie eine ausreichende Ernährung sicherstellen. Kranken sollte eine wirkliche Arzthilfe gege- ben, werden können. Damit sollte verhindert werden, dass sie sich aus «Mangel des Geldes und Vermögens keinen geschickten Arzt zu consultieren sich getrauen, sondern ihr Leib und Leben lieber einem Landstreicher oder Zigeuner anvertrauen». 497
	        

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