Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Durch den schweizerischen Sonderbundskrieg war nach dieser Seite überhaupt jeder Handel und Verkehr zum Erliegen gekommen.152 Im Laufe des Jahres 1847 verschlechterte sich die liechtensteinische Wirtschaftslage weiterhin. Landvogt Menzinger berichtete am 12. Ja- nuar 1848, nur zwei Monate vor der Revolution, dem Fürsten: «Bedeu- tend fühlbarer wirkt im heurigen als im letzten Jahre das oben bezeich- nete Unglück; die enorme Theuerung aller Cerealien, der allgemeine Futtermangel, die Stockung jeden Verkehrs nahmentlich des Vieh- und Weinverkaufes durch die Schweitzer Unruhen, setzen die Unterthanen in eine solche Dürftigkeit, dass sie mit den meisten Zahlungen im Rück- stände bleiben. Eine executive Eintreibung rückständiger Zinsungen und obrigkeitlicher Schuldigkeiten folgt der anderen, Feilbiethungen aller Art finden statt und aus Mangel an Käufern werden die Fahrnisse, selbst ganze Wohnsitze mit den zugeschriebenen Gütern mit bedeuten- dem Verlust und selbst dann noch mit Mühe an (den) Mann ge- bracht.»153 Viele suchten der Armut durch Auswanderung zu entkom- men, oft samt zahlreichen Familien.154 Die Feststellung, dass die ökonomischen Verhältnisse in Liechten- stein vor der 1848er Revolution bedenklich waren und sich bis unmit- telbar vor dem Ausbruch der Revolution ständig verschlechterten, er- klärt indessen nur zu einem Teil die Tatsache, dass die Erhebung auch das. Fürstentum erfasste. Die Notsituation war gewiss eine Voraus- setzung. Doch dreissig Jahre zuvor, im Jahre 1817, waren die Zustände ähnlich gewesen, der Hunger hatte die Bevölkerung dezimiert,135 und doch war keine Revolution ausgebrochen. Nicht die ökonomischen und 152 Schreiben des Oberamts, 6. Dez. 1847, LRA LXXIX/24, ad 6. 153 Menzinger an Fürst, 12. Jan. 1848, LRA LXXXII/8, Nr. 3. Der oberamtl. Schuldbuchauszug vom 31. Dez. 1847 bestätigt das Bild, HK H 1659, (o. Nr.). 154 Auswanderungsbegehren von 1845, LRA LXXIX/17. — «Die Auswande- rungslust nach Amerika nimmt hier reissend zu», schrieb Dr. Grass am 1. Febr. 1849 an Dr. Karl Schädler, LRA Schädler Akten 311. Innerhalb von 3 Jahren, von 1852 bis 1855, wanderten 68 Personen aus, davon 41 allein aus Balzers ! Bericht des Regierungsamts, 19. Sept. 1855, HK S 319, Nr. 10377. — 1835 hatte Menzinger noch nach Wien berichten können, dass Auswanderungen in entferntere Staaten relativ selten vorkämen; vgl. Quaderer, S. 226. 39
	        

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