Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

an Unternehmergeist durchwegs mangelte.136 So wirkte sich die praktisch unbeschränkte Gewerbefreiheit überhaupt nicht wirtschaftsfördernd aus. An den wichtigen Handelsstrassen Deutschland-Italien und Schweiz-, Arlberg gelegen, besass Liechtenstein an sich eine günstige Handels- und Verkehrsposition. Seit aber die Grosszahl der deutschen Staaten im preussisch geführten Deutschen Zollverein ein einheitliches Zollsystem errichtet hatten, von dem Österreich und dadurch gezwungenermassen auch Liechtenstein ausgeschlossen blieben, geriet das Land mehr und mehr in eine gefährliche wirtschaftliche Isolierung. Es war rings von Zollgrenzen umschlossen. Besonders das österreichische Schutzzoll- und Weggeldsystem wirkte sich äusserst nachteilig aus.137 Liechtensteins Ausfuhrprodukte, vornehmlich Wein und Vieh,138 waren im Ausland kaum mehr konkurrenzfähig, während das Land umgekehrt auf Ein- fuhren zu hohen Preisen angewiesen war. Die Handelsbilanz musste in hohem Masse negativ sein. Gegenüber den Nachbarstaaten blieb Liechtenstein in seiner Wirtschaftsentwicklung zurück. In der Schweiz und in Vorarlberg setzte sich seit den Dreissigerjahren die Industrie, besonders in der Textilverarbeitung, durch.139 Liechtenstein hatte daran keinen Anteil. Das nahe Handelsstädtchen Feldkirch besass dagegen schon einige Fabriken, die auch von Liechtenstein einen geringen Zu- strom von Arbeitskräften — sogar Kindern — erhielten.140 Hatte trotzdem die wirtschaftliche Lage des Landes bis zum Beginn der Vierziger jähre noch zu optimistischen Aussichten Anlass gegeben,141 so bewirkten die immer fühlbarer werdende Isolierung und eine Folge von Missjahren, die im Katastrophen jähr 1846 mit einem verheerenden 136 Schreiben Menzingers, 26. Aug. 1861, siehe oben Anm. 135..— «Bei der wenigen Vorliebe'der Liechtensteiner, ein Gewerbe gründlich zu erlernen, wird das Land fortan meist Pfuscher haben, wenn Fremde ferngehalten werden.» Bemerkung Menzingers zu Art. 11 eines um 1849 zu datierenden Gemeindegesetzentwurfs, LRA 1862/XV/15. 137 Schreiben des Regierungsamts, 14. Nov. 1848, HK 1848/11601. 138 Quaderer, S. 70, 117. 139 Schnetzler, S. 72. 140 Zeugnisse im LRA XIVC. „ 141 Schreiben des Regierungsamts, 29. Juli 1849, LRA LXXIII/12. 37
	        

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