Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

«Unterthanen» des österreichischen Kaisers.130 Wie dürftig das geistige Leben des Landes war, zeigt auch das Fehlen jeder Presse. Neben einer kleinen Gruppe von einigermassen Gebildeten — einige Ärzte, Geistliche, Beamten, Lehrer und Handelsleute — treten aus der Masse der Bauern die seit Jahrzehnten Sommer für Sommer in die Schweiz ziehenden Taglöhner hervor.131 Die Bevölkerung hatte sich in, den Jahrhunderten vervielfacht,132 der Boden aber, der nicht mehr und nicht besser geworden war, konnte sie nicht mehr allein ernähren. Deutliches Zeichen der Armut waren auch die jeden Sommer nach Süddeutschland wandernden «Schwabenkinder», denen sich häufig alte und gebrechliche Leute anschlössen, um sich dort bei Ernte- arbeiten den Unterhalt und den Ertrag des Ährenlesens zu verdie- nen.133 Soziale Spannungen ergaben sich im Fürstentum zwischen den Gemeindebürgern und den Hintersassen, die eifersüchtig vom Eintritt ins Gemeindebürgerrecht — und damit vom Gemeindegut — abgehalten wurden.134 Handwerk und Gewerbe entwickelten sich nicht über den Dorf- bedarf hinaus.133 Sie wurden nur als Nebensache ausgeübt, wie es auch • 130 Fürst an Graf Fisquelmont, k. k. Minister des Auswärtigen, 8. Apr. 1848, HK 1848/4475. 131 «... ein grosser Theil Männer reiset im Sommer in die Schweiz, wo sie ..• ein schönes Geld jährlich verdienen.» Aufsatz über Liechtenstein anläss- lich einer Lehrerprüfung, 12. Okt. 1847, LRA XIVC; ähnlich ein Schreiben Menzingers, 30. Sept. 1858, LRA CVII/136, Nr. 967. - Vgl. auch Quaderer, S. 64, 90. 132 Nach Peter Kaiser betrug die Bevölkerung im Jahre 1718 1298 Köpfe, im Jahre 1841 mehr als sechsmal so viel, Kaiser, S. 512. Zur Bevölkerungs- zahl 1847 siehe oben Anm. 97. 133 Oberamt Tettnang (Württ.) an Oberamt Vaduz, 23. Juni 1846, LRA LXXXII/48; ebda, weitere Korrespondenz bis in die 1860er Jahre. Diese jährlichen Schwabenwanderungen waren aber auch in der Ostschweiz und in Vorarlberg üblich; Martin, S. 55. ,134 Quaderer, S. 182 f.; Büchel, Gemeindenutzen, S. 52. Vgl. auch J. B. Büchel, Mauren, JBL 1916, S. 32 f. 135 Menzinger über das - Gewerbewesen während seiner Amtszeit (1832 — 1861), 26. Aug. 1861, LRA 1861/II/7, Nr. 1352 pol.; Erhebungen von Hausens über die im Lande betriebenen Gewerbe und Beschäftigungen, Aug. 1861, ebda. * 36
	        

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