Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

aus allen europäischen Revolutionen»83 — und erachtete wie der alte Metternich84 eine unabhängige mitteleuropäische Vermittlungspolitik und eine friedliche Politik gegenüber Russland als ein Erfordernis nicht nur für die österreichische Staatsräson, sondern auch für Deutschland.85 Der Krieg bedeutete ihm nicht eine Fortführung der Politik mit andern Mitteln, sondern ein entsetzliches Unglück.88 Deshalb baute er Frie- denshoffnungen auf das österreichisch-preussische Schutz- und Trutz- bündnis vom 20. April 1854,87 dem auch der Deutsche Bund beitrat; doch wollte er es im streng defensiven und neutralen Sinne verstanden wissen — das heisst wie Preussen — und nicht im offensiven, gegen Russland gerichteten, den die österreichische Politik verfolgte. Deutsch- land dürfe nicht in den Krieg hineinprotokolliert werden, schrieb er an Linde.88 Als Österreich im Dezember 1854 gar ein förmliches Bündnis mit den Westmächten einging,89 befand sich Alois II. erst recht ganz auf dem preussischen Standpunkt. Die Konsequenz wäre eine entspre- chende Haltung in der Bundesversammlung gewesen. Dazu konnte er sich jedoch nicht offen entschliessen. Seine Instruktion vom 2. Dezem- ber 1854 ist sehr.aufschlussreich: Da er nicht gern seine Stimme gegen seine Überzeugung, «ebenso ungern aber im Widerstreite mit der Kai- serlichen Regierung» vernehmen lasse, so solle Linde den Abstimmun- gen in der orientalischen Angelegenheit möglichst ausweichen, indem das Votum der 16. Stimme nicht als von Liechtenstein ausgehend er- 83 Fürst Alois an Linde, 29. Mai 1854, BAF Nachlass Linde 60. Unter den Renegaten verstand Alois IL in erster Linie Graf Cavour. Der Fürst wandte auf die Franzosen und Engländer das Zitat aus Vergil an: «Timeo Danaos et dona ferentes.» Fürst an Linde, 9. Juni 1854, ebda. 84 Vgl. Huber III, S. 232. 85 Fürst an Linde, 29. Mai 1854, BAF Nachlass Linde 60. 86 Alois II. sah in erster Linie die Not des Einzelmenschen im Krieg und die grossen volkswirtschaftlichen Schäden; dafür prangerte er politische «Eitel- keit» und «vorlaute Ruhmrederey» an; Fürst an Linde, 2. Febr. 1855; ebenso am 9. Juni 1854, 2. März 1855, 23. März 1855 und 23. April 1855, BAF Nach- lass Linde 60. .87 Fürst an Linde, 18. und 29. Mai 1854, ebda. 88 Fürst an Linde, 9. Juni 1854, ebda. 89 Huber III, S. 244. 350
	        

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