Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Stimmrecht besassen, sowie dem Sekretär.32 Die Hofkanzlei in Wien war weitgehend ausgeschaltet.33 Die drei Regierungsmitglieder — sozusagen Minister — genossen im Staat eine gewichtige Zwischenstellung. Sie waren nicht mehr blosse Diener des Fürsten, sondern, wie die Verfassung sagte, «verant- wortliche Staatsdiener». Vom Fürsten ernannt und dem Landrat ver- antwortlich, waren sie von beiden abhängig. Die Verantwortlichkeit gegenüber dem Parlament ging aber nicht über das Ablegen von Re- chenschaft im Staatshaushalt (§§ 30, 31, 45) und über den Antrag beim Fürsten auf Ministeranklage hinaus (§§ 40, 42). Dem parlamentari- schen Misstrauensvotum selber, das zum Rücktritt zwingen könnte, war die Regierung nicht unterworfen und insofern doch wieder unab- hängig. Da alle Akte des Fürsteh der Gegenzeichnung eines «im Lande anwesenden verantwortlichen Beamten» (§ 29)34 — in der Regel des Landesverwesers — bedurften, so waren die liechtensteinischen Minister auch vom Fürsten zu einem Teil unabhängig, da er ohne einen gegenzeichnungsbereiten Minister nicht handeln konnte; dieser wurde zum «mitbeteiligten Faktor».35 Indem die Regierung ausserdem eigene Beschlüsse fassen, viele Geschäfte selber erledigen und die übrigen vorbereiten konnte und so Verantwortung nach zwei Seiten trug, gewann sie ein beträchtliches Mass 'an' Selbständigkeit und freier fassung, obwohl sie der Form nach eine blosse Verordnung darstellte. Sie entsprach dem mit den Landständen vereinbarten Organisationsentwurf; siehe oben S. 277. — Am 30. März 1871 wurde diese Amtsinstruktion aller- dings durch eine neue ersetzt, LGBI. 1871, Nr. 1. 32 Der Regierung waren beratend zugeordnet der Landeskassenverwalter, der «Landesphysikus» (Landesarzt), der geistliche Schulrat, der Landestechni- ker, der Landesforstbeamte und der Landestierarzt; Amtsinstruktion §§ 36, 87; ebenso unterstanden der Regierung alle andern Behörden, Ämter etc., ebda., § 38. — Von Hausen hatte ursprünglich vorgeschlagen, die beiden Land- oder Regierungsräte auf Lebenszeit zu ernennen, Bericht vom 4. Sept. 1862, LRA 1862/XV/15. 33 Sie leitete nur mehr die Berichte an den Fürsten weiter, Amtsinstruktion §§ 91, 93 Zu ihrer Gerichtsfunktion siehe unten S. 298 f. 34 Ebenso Amtsinstruktion § 94. 35 Steger, S. 88. 297
	        

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