Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Idee des Mittelalters, wonach der Fürst die Quelle aller Rechtsprechung war, zum Ausdruck.19 Neben dem allgemeinen Verordnungsrecht war ein Notverordnungsrecht des Fürsten vorgesehen: «Auch wird der Fürst in dringenden Fällen das Nötige zur Sicherheit und Wohlfahrt des Staa- tes, vorkehren» (§ 24). Wer eine Krisensituation zu einem solchen drin- genden Fall erklären konnte, war nicht gesagt, auch nicht, unter welchen Voraussetzungen und welche Kraft die Notvorkehrungen gegenüber den Gesetzen und der Verfassung haben sollten; all dies fiel damit dem Ermessen des Fürsten anheim: Der Fürst konnte nicht nur Verfassung und Gesetze suspendieren, sondern in Krisensituationen, etwa im Krieg, nicht mehr rückgängig zu machende völkerrechtliche Fakten schaffen. Einzig in der für alle Gesetze, Verordnungen und Erlasse des Fürsten erforderlichen ministeriellen Gegenzeichnung (§ 29) hätte man viel- leicht die Bindung an eine formale Voraussetzung erblicken können. Wenn dieses Staatsnotrecht in der Folge auch nie Anwendung fand, bedeutete es doch eine Schwäche in der liechtensteinischen Verfassung. Andererseits begründete es auch eine Pflicht des Fürsten gegenüber dem Land in Notsituationen.20 Ausdrücklich verzichtete der Fürst auf einen Anteil aus den Landes- einnahmen (§ 30) und damit auf eine Zivilliste.21 Er verpflichtete-sich schliesslich schriftlich zur Aufrechterhaltung der Verfassung und emp- fing dafür beim Regierungsantritt die Erbhuldigung des Volkes (§ 123) und von allen Beamten und Ortsvorständen den Treueid zugeschworen (§124). c) Die Volksvertretung Der Landtag war das «gesetzmässige Organ der Gesammtheit der Landesangehörigen», deren Rechte er gegenüber der Regierung vertrat 20 Unter der neuen Verfassung von 1921, in deren § 10 das Notverordnungs- recht des Fürsten bis heute erhalten blieb, kam ein Fall der Anwendung im Jahre 1943 vor, als der Fürst das Mandat des Landtages verlängerte; vgl. Pappermann, S. 135; allgemein ebda., S. 131 ff.; Steger, S. 77 ff., be- tont den Pflichtcharakter des Notverordnungsrechts. Siehe oben S. 274 f. 21 Da Johann II. dem Lande immer wieder seine Unterstützung zukommen liess, bemerkte man in der Folge behaglich, Liechtenstein sei das einzige Staatswesen, welches von seinem Staatsoberhaupt eine Zivilliste erhalte; vgl. In der Maur, Johann IL, JBL 1908, S. XXIV. 293
	        

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