Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Behörden nie als primäre erschien, sondern dass sie immer als im Auf- trag des Fürsten und dessen Regierung handelnd auftraten.149 Der in langjähriger Übung liegenden Gefahr von Übergriffen ent- ging aber auch das österreichisch-liechtensteinische Verhältnis nicht, wie eine Auseinandersetzung wegen der Post zeigt: Seit 1817 war die Post in Liechtenstein der österreichischen Postverwaltung «bis auf wei- tere beliebige Verfügung» überlassen.150 Nach der Eröffnung der Rhein- talbahn beantragte das Regierungsamt eine Postverbindung durch einen Einspänner zwischen Vaduz und Sevelen; die österreichische Oberpost- direktion verfügte aber ohne Rücksprache mit Liechtenstein eine Ver- bindung von Vaduz nach Buchs und nur durch einen Fussboten. Men- zinger erhob «in Wahrung der Hoheitsrechte» sogleich Einspruch.151 Als nun gar die Postdirektion für Tirol und Vorarlberg im Tone einer vorgesetzten Behörde dem Regierungsamt antwortete, man erwarte, dass die getroffene Verfügung nicht länger behindert werde,152 da machte denn Menzinger der Postdirektion in scharfer, unmissverständ- licher Sprache klar, dass es sich hier nicht um eine Verbindung zwi- schen dem Kaiserstaat Österreich und der Schweiz, sondern zwischen dem souveränen Fürstentum und der Schweiz handle, deren Festlegung der Landesregierung zukomme.153 Dem Problem der Souveränität in der Sicht der Anlehnung an Österreich und besonders des wirtschaftlichen Anschlusses eignet eine besondere Ambivalenz: Der Anschluss — eigentlich eine logische Folge der traditionellen Ausrichtung nach Österreich — brachte einerseits zweifellos eine erst mit der Zeit hervortretende Gefährdung der staat- lichen Selbständigkeit. Aber andererseits schuf er überhaupt eine trag- fähige wirtschaftliche und damit auch staatliche Existenzgrundlage, also gerade die Voraussetzung für die Selbständigkeit. 149 Z. B. bei den Bestimmungen über den Waffengebrauch der Finanzwache, HK 1861/5377 (1852/11140), oder bei der Beiziehung eines österr. Richters bei schweren Übertretungen der Zollvorschriften, ebda. 150 Regierungsamt an Fürst, 12. Juli 1858, HK 1858/9352 (6650). Vgl. Werner Voss, Geschichte des Postwesens, Fürstentum Liechtenstein, 2. Aufl. Vaduz 1937; Raton, S. 48; Lokay, S. 42 f.; Böhler, S. 126. 151 Regierungsamt an Fürst, 12. Juli 1858,.siehe oben Anm. 150. 152 K. k. Postdirektion an Regierungsamt, 19. Aug. 1858, HK 1858/9352 (Beilage 1). 153 Regierungsamt an Postdirektion, 22. Okt. 1858, HK 1858/9352 (ad 913). 214
	        

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